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Woran erkenne ich regionale Lebensmittel?

Die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln nimmt seit Jahren zu. Doch woran erkennt man Produkte, die tatsächlich aus der Region stammen?

Quelle: Henry Schmitt - stock.adobe.com

Wenn sie die Wahl hätten, würden die meisten Menschen in Deutschland zu regionalen Lebensmitteln greifen. Zu diesem Ergebnis kamen in den letzten Jahren mehrere Studien, zuletzt der BMEL-Ernährungsreport 2022. Danach legten 83 Prozent der Befragten Wert darauf, dass ein Lebensmittel aus der Region stammt. Aber warum ist das so?

Es gibt verschiedene Gründe: Zum einen schätzen viele den Wert von Frische bei Lebensmitteln. So wünschen sich laut BMEL-Ernährungsreport 2022 84 Prozent aller Befragten mehr Gemüse und Obst aus der Region. Bei Brot und Backwaren sind es 82 Prozent, bei Fleisch und Wurstwaren 76 Prozent und bei Milch und Milcherzeugnissen 70 Prozent.

Zum anderen möchten die Verbraucherinnen und Verbraucher mit dem Kauf regionaler Produkte die Erzeugerinnen und Erzeuger vor Ort und damit die regionale Wirtschaft stärken. Wichtig ist vielen aber auch, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Denn durch die kürzeren Transportwege wird der Kohlendioxidausstoß reduziert.

Laut einer Umfrage der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) würden mehr als die Hälfte der Deutschen für Lebensmittel aus der Region sogar einen höheren Preis bezahlen.

Bio ist nicht gleich regional

Dass ein Produkt mit einem Bio-Siegel gekennzeichnet ist, bedeutet nicht, dass es in der Region hergestellt wurde. Viele Bio-Lebensmittel werden im Ausland produziert und nach Deutschland importiert. Das Bio-Siegel steht allerdings für eine umweltschonendere Form der Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung. Wer besonders nachhaltig einkaufen möchte, sollte also darauf achten, dass die Lebensmittel sowohl nach Bio-Standards als auch in der Region erzeugt wurden.

Wie vertrauenswürdig sind regionale Produkte?

Genau hingeschaut: Herkunftsangaben

Trägt ein Produkt das EU-Gütezeichen "Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)" ist garantiert, dass es in dem betreffenden Gebiet erzeugt, verarbeitet und hergestellt wurde. Für das Gütezeichen "Geschützte geografische Angabe (g.g.A.)" muss hingegen nur eine der drei Produktionsstufen (also Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung) im Herkunftsgebiet durchlaufen worden sein.

Die Nachfrage nach regionalen Produkten hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Für Hersteller und Händler sind sie damit zu einem lohnenden Geschäft geworden. Auf unzähligen Verpackungen und Werbeplakaten prangen inzwischen Hinweise und Logos, die der Kundschaft die regionale Herkunft versprechen. Doch wie regional sind diese Produkte tatsächlich?

Die Verbraucherzentrale hat 2015 einen bundesweiten Marktcheck gemacht. Das Ergebnis: "Regionalwerbung erfolgt oft unspezifisch oder im schlimmsten Fall sogar irreführend". Die Verbraucherschützer warnen vor allem vor Werbehinweisen mit unbestimmten Begriffen ohne genaue Orts- oder Regionsangaben, zum Beispiel "aus der Region", "von hier" oder "Heimat".

Der Marktcheck konnte aufdecken, dass viele derart beworbene Lebensmittel teilweise erhebliche Entfernungen zurückgelegt haben, und damit alles andere als regional waren. Auch von Markennamen mit regionalem Bezug (wie Mark Brandenburg) oder regionalen Spezialitäten mit geschützter geografischer Angabe (beispielsweise Düsseldorfer Senf) solle man sich nicht täuschen lassen.

Auch Ökotest hat 2016 Lebensmittel getestet, die als "regional" beworben wurden. Mit ähnlichem Ergebnis: Nur 26 der von Ökotest geprüften 106 Produkte hatten kurze Entfernungen hinter sich. Siegel, die Produkten Regionalität bescheinigen, seien daher beim Einkauf meist keine große Hilfe, so das damalige Fazit von Ökotest.

Viele Regionalinitiativen, viele Definitionen

"Region" und "regional" nicht klar definiert

Was ist eine "Region" und wie groß darf sie sein? Eine eindeutige Antwort auf diese Fragen gibt es leider nicht. Denn die Begriffe "Region" und "regional" sind gesetzlich nicht definiert und werden daher von Herstellern und Händlern sehr unterschiedlich interpretiert und verwendet, wie eine Handelsbefragung der Verbraucherzentrale Bayern aus dem Jahr 2020 belegt. Auch zu der Frage, ob alle Inhaltsstoffe eines verarbeiteten Produkts aus der Region stammen müssen oder nur ein bestimmter Prozentsatz, gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Wie die Untersuchung der Verbraucherzentrale Bayern zeigt, stammten nicht einmal die Hauptzutaten bei zusammengesetzten Produkten bei allen Anbietern aus Bayern beziehungsweise der beworbenen Region.

Auch die Qualitätszeichen der einzelnen Bundesländer wie "Geprüfte Qualität NRW" oder "Geprüfte Qualität – Hessen" sind laut Verbraucherzentrale keine zuverlässigen Hilfen. Die Kriterien, die an die Produkte gestellt werden, sind von Bundesland zu Bundesland sehr verschieden und die Rohstoffe kommen nicht immer vollständig aus dem jeweiligen Bundesland.

Daneben gibt es sehr viele kleinere Regionalinitiativen. Sie heißen zum Beispiel "Regionalmarke Eifel", "SooNahe" oder "Spreewald". Dabei handelt es sich meist um kleinere Zusammenschlüsse von Erzeugern, Verarbeitern und Gastronomen in einer Region. Diese Initiativen haben teilweise gute Ansätze. Das Problem für Verbraucherinnen und Verbraucher ist jedoch: Es sind sehr viele Initiativen und jede legt für sich fest, welche Anforderungen sie an die regionale Herkunft stellt.

Für Kundinnen und Kunden ist das kaum überschaubar und zudem mit viel Aufwand verbunden. Denn sie müssten sich bei jeder einzelnen Initiative informieren, wenn sie wissen wollen, welche Wege das Lebensmittel hinter sich hat.

Für eine bessere Übersicht aller Regionalinitiativen hat der Bundesverband der Regionalbewegung e. V. das RegioPortal eingerichtet. Auf dieser Online-Plattform können Verbraucherinnen und Verbraucher Regionalmarken in ihrer Umgebung suchen und sich über die Kriterien informieren. Aktuell sind 215 Initiativen im RegioPortal vertreten (Stand: September 2023)

Ein Ansatz für mehr Einheitlichkeit: Das Regionalfenster

Regionalfenster
www.regionalfenster.de

Seit 2014 gibt es mit dem "Regionalfenster", eine bundesweit einheitliche Kennzeichnung, mit der Hersteller freiwillig ihre regionalen Produkte kenntlich machen können. Wie eine Studie des Thünen-Instituts aus dem Jahr 2018 belegt, begrüßt die Mehrheit der befragten Verbraucherinnen und Verbraucher das Regionalfenster.

Das Regionalfenster wurde vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) initiiert und wird von der Regionalfenster Service GmbH vergeben. Es gibt Auskunft darüber, woher die Hauptzutaten des Produkts stammen und wo es abgepackt oder verarbeitet wurde. Bei verarbeiteten Produkten weist es zudem aus, wie groß der Anteil regionaler Rohstoffe am Gesamtprodukt ist.

Diese Angaben werden durch eine unabhängige Stelle über alle Stufen der Wertschöpfung regelmäßig kontrolliert und abgesichert. Bislang sind mehr als 5.500 Produkte mit dem Regionalfenster gekennzeichnet.

Die angegebene Region wird von jedem Regionalfensternutzer eigenständig definiert. Sie muss für Verbraucherinnen und Verbraucher klar und eindeutig nachvollziehbar abgegrenzt sein. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln jedoch, dass der Begriff "Region" auch beim Regionalfenster nicht einheitlich definiert ist beziehungsweise sehr weit gefasst sein kann. So würde im Sinne des Regionalfensters zum Beispiel auch ganz Norddeutschland als Region durchgehen.

Außerdem muss bei verarbeiteten Produkten der Gewichtsanteil der regionalen Zutaten lediglich 51 Prozent des Endproduktes betragen. Die weiteren Zutaten müssen nicht aus der Region kommen. Ihre Herkunft ist daher für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nachvollziehbar.

Die Hauptzutaten und die wertgebenden Zutaten müssen aber in jedem Fall zu 100 Prozent aus der angegebenen Region stammen. Das gilt auch für so genannte Monoprodukte, die nur aus einer Zutat bestehen – wie zum Beispiel Mehl oder Öl. 

Angaben über die Herkunft landwirtschaftlicher Vorstufen oder Betriebsmittel (wie Saatgut, Jungtiere oder Futtermittel) sind im Regionalfenster freiwillig. Die Verbraucherzentrale rät auch beim Regionalfenster zu einem kritischen Blick: Ist die angegebene Herkunftsregion eingrenzbar oder sind hier drei oder mehr Bundesländer als Großregion genannt? Und wie weit ist der Verarbeitungsort vom Herkunftsort der Rohstoffe entfernt?

Verbraucherin am Marktstand
Quelle: kasto - stock.adobe.com

Wochenmarkt

Auf Wochenmärkten bieten meist Gemüsebaubetriebe, Metzgereien oder Bäckereien aus der Region ihre Lebensmittel an. Ob diese Betriebe tatsächlich aus der näheren Umgebung kommen, kann man mithilfe des Firmenschilds prüfen, das üblicherweise am Marktstand hängt. Eine Garantie dafür, dass die angebotenen Waren aus der Region stammen, ist aber auch das nicht. Denn einige Markthändlerinnen und -händler kaufen einen Teil ihrer Produkte auf dem Großmarkt zu, um ein breiteres Sortiment anbieten zu können.

Außerdem: Selbst wenn Brot, Wurst und Käse im Nachbarort hergestellt wurden, bedeutet das nicht zwangsläufig auch, dass die Rohstoffe dafür aus der Region stammen. Fragen Sie daher im Zweifelsfall nach.

Hofladen

Ähnliches gilt für den Hofladen oder die Abokiste. Auch hier werden in der Regel zwar meist Produkte aus eigener Herstellung angeboten. Doch auch Hofläden kaufen zwecks Sortimentsverbreiterung im Großhandel zu. Fragen Sie also auch hier lieber nach. Vertrauenswürdige Händlerinnen und Händler geben Ihnen gerne Auskunft.

Marktschwärmer

Eine moderne Variante des Wochenmarkts bietet die Initiative Marktschwärmer. Dort kann man via Internet Lebensmittel direkt bei den Erzeugerinnen und Erzeugern aus der Region ordern und diese wenige Tage später auf einem "echten" Markt abholen. Auf diese Weise entsteht ein persönlicher Kontakt zwischen Anbieter und Kundschaft, der Vertrauen schafft. Bei Marktschwärmer dürfen nur Produkte angeboten werden, die die erzeugenden Betriebe selbst hergestellt beziehungsweise verarbeitet haben. Jeder Anbieter sorgt auf der Bestellplattform für größtmögliche Transparenz bezüglich Herkunft und Verarbeitung.

Foodcoops

Auch in vielen Foodcoops wird sehr viel Wert auf die regionale Herkunft der Lebensmittel gelegt. In Foodcoops schließen sich Menschen in Gruppen zusammen, um gemeinsam größere Mengen an Lebensmitteln einzukaufen. Ob sich eine Foodcoop in Ihrer Nähe befindet, können Sie auf der Online-Plattform Lebensmittelkooperativen.de herausfinden.

Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft (EVG)

Foodcoops, in denen der Gedanke der regionalen Vernetzung zwischen den erzeugenden Betrieben und den Verbraucherinnen und Verbrauchern besonders intensiv gelebt wird, sind Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften – kurz EVGs. Sie ordern die Lebensmittel bei Erzeugerbetrieben in der Region und bieten ihren Mitgliedern diese in eigens dafür eingerichteten Mitgliederläden zum Verkauf an. In der Regel legen EVGs zudem großen Wert darauf, dass die Lebensmittel ökologisch erzeugt wurden.

Solidarische Landwirtschaft

Auch die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) baut auf Regionalität. In einer Solawi schließt sich eine Gruppe von Verbraucherinnen und Verbrauchern mit einem oder mehreren landwirtschaftlichen Betrieben in der Region zusammen, die sie mit Lebensmitteln versorgen. Als Gegenleistung stellen die Mitglieder den Betrieben so viel Geld zur Verfügung, dass diese ohne Verluste wirtschaften können.

Letzte Aktualisierung: 6. September 2023


Weitere Informationen

Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Saisonzeiten bei Obst und Gemüse - Der Saisonkalender

BZfE: Einkaufsorte finden - Wo gibt es nachhaltige Lebensmittel?

Verbraucherzentrale: Herkunft von Lebensmitteln: Woher kommen Fleisch, Eier & Obst?

Das Regionalfenster

AMI - Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH: Verbraucher- und Marktstudie "Wie regional is(s)t Sachsen?"

Bundesverband der Regionalbewegung: RegioPortal

Thünen-Institut: Verbraucherakzeptanz des Regionalfensters, Thünen Working Paper 90

BMEL: Ernährungsreport


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