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Wofür werden jetzt Erntehelfer gebraucht?

Frage von Susanne Lypold:

Quelle: juefraphoto - stock.adobe.com

Wofür werden jetzt im April 2020 Helfer in der Landwirtschaft gebraucht? Welche Tätigkeiten haben zuvor ausländische Helfer ausgeübt? Können das ungelernte bzw. auf die Schnelle angelernte Helfer? Welche Sorte Helfer braucht die Landwirtschaft jetzt genau? Und welche Unterstützung wird im Mai/ Juni/ Juli gebraucht? Welche Szenarien sind realistisch, wenn jetzt zu wenige Helfer mitanpacken?

Antwort von Christian Königer:

Christian Königer leitet einen Beerenanbaubetrieb im Rhein/Main-Gebiet, der auf 45 Hektar Heidelbeeren produziert.
Quelle: Christian Königer

Im April werden in der Landwirtschaft Helfer überwiegend im Gemüsebau und in Betrieben, die Sonderkulturen (wie z.B. Erdbeeren oder Himbeeren) anbauen, benötigt. Typisches Beispiel ist der Spargelanbau, wo die Ernte bereits begonnen hat und der Bedarf an Arbeitskräften in den nächsten Wochen noch zunimmt. Aber auch andere Gemüsebau- bzw. Sonderkulturbetriebe benötigen Helfer, die ihre Pflanzen in Vorbereitung auf die Ernte pflegen, schützen und bewässern oder neue Pflanzen setzen. Denn viele Gemüsejungpflanzen werden jetzt auf Termin gesetzt und dann – je nach den Bedürfnissen des Marktes – zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt geerntet. Klassische Gartenbaubetriebe, die Zier- oder Gartenpflanzen produzieren, bewältigen ihre Arbeitsspitzen ebenfalls im Frühjahr oder Herbst mit Saisonarbeitskräften. Lediglich der Ackerbau ist weniger betroffen, da hier die meisten Arbeiten (Aussähen, Düngen, Pflanzenschutz, etc.) maschinell erledigt werden.

Im Mai, Juni und Juli wird sich der Bedarf den angebauten Kulturen entsprechend verändern. Betriebe, die nur Spargel und Erdbeeren anbauen, benötigen nach Mitte Juni keine Helfer mehr. Andere, wie unser Heidelbeeranbaubetrieb, sind erst ab Ende Juni und dann bis Mitte August auf Helfer angewiesen. Gemüseanbaubetriebe hingegen haben kontinuierlich Bedarf.

Landwirt in Traktorkabine
Quelle: goodluz - fotolia.com

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Viele der Tätigkeiten, die typischerweise ausländische Helfer erledigen, werden händisch verrichtet. Selbst mit größtem technischen Einsatz ist die selektive Erdbeerernte oder das Spargelstechen (derzeit noch) nicht mit einer Maschine oder einem Roboter möglich. Es handelt sich um klassische Saisonarbeit, sodass die Arbeitskräfte auch nur für eine befristete Zeit angestellt werden. Obwohl die Bezahlung teils sehr gut ist, haben einheimische Arbeitskräfte wegen der zeitlich eng begrenzten Perspektive, häufig kein Interesse an diesen Tätigkeiten.

Die Arbeiten der Helfer sind überwiegend leicht und ohne Ausbildung zu erlernen. Sie sind aber oft körperlich sehr anstrengend und lassen sich daher nur für Geübte länger durchhalten. Als Vergleich könnte man das Laufen nennen: sicherlich werden die meisten Leute 15 oder 30 Minuten laufen können, doch fast niemand wird aus dem Stand einen Halbmarathon laufen können. Genau das zeichnet die erfahrenen Erntehelfer aus: Sie sind sozusagen in der Lage, den ganzen Tag zu "laufen", denn sie sind mit landwirtschaftlicher Arbeit vertraut und den körperlichen Ansprüchen der Arbeit gewachsen. Darüber hinaus ist auch die Erfahrung um die betrieblichen Abläufe und das Produkt sehr wertvoll, die einige der Saisonarbeitskräfte mitbringen. Viele Betriebe setzen daher seit Jahren die gleichen ausländischen Helfer in leitender Funktion ein – z.B. als Vorarbeiter und Mitarbeiter in der Qualitätskontrolle.

Sollten zu wenige Helfer verfügbar sein, wird das vor allem für die eingangs erwähnten Betriebe problematisch. Einige Kulturen, die nun zur Ernte kommen (z.B. Spargel oder Erdbeeren), könnten dann knapp werden und in einigen Wochen würde auch das Gemüseangebot deutlich geringer ausfallen. Kurz gesagt wird einfach weniger geerntet und mehr auf dem Feld verderben. Dies bringt für die betroffenen Landwirte erhebliche Einbußen mit sich. Und da sie nur eine Ernte im Jahr haben, können sie diesen Verdienstausfall auch nicht mehr ausgleichen.

Durch die Verknappung steigt zwar auch der Preis ihrer Erzeugnisse, doch wird der höhere Erlös den Ernteausfall nicht kompensieren können, da Verbraucher sehr sensibel auf Preiserhöhungen reagieren. Erhebliche Ernteausfälle würden also dazu führen, dass einige Landwirte ihren Betrieb aufgeben müssen. Mittelfristig wird dies zu strukturellen Veränderungen in den ländlichen Räumen führen und eine sinkende Eigenversorgung bedeuten – beides Entwicklungen, die weder gesellschaftlich noch politisch erwünscht sind.


Die Antworten werden vom Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) inhaltlich nicht verändert. Sie spiegeln die Meinung der befragten Landwirtinnen und Landwirte wider und nicht zwangsläufig die des BZL.