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Kastenstände in der Schweinehaltung

Das Fixieren von Sauen in Kastenständen steht schon lange in der Kritik. Zukünftig müssen die Sauen mehr Bewegungsfreiheit bekommen.

Zwei Reihen mit Kastenständen im Deckzentrum eines Sauenstalls. In den Kastenständen liegen Sauen.
Spätestens 2029 müssen alle Tierhaltungsbetriebe Kastenstände, hier im Deckzentrum eines Sauenstalls, abgeschafft haben.
Quelle: landpixel.de

2021 hat der Gesetzgeber die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung überarbeitet und damit neue Regeln für die Haltung von Sauen auf den Weg gebracht. Diese betreffen vor allem die stark umstrittene Haltung der Sauen in Kastenständen. Diese wird in Zukunft nur noch stark eingeschränkt zulässig sein. Für Betriebe, die jetzt neu bauen oder umbauen, greifen die Kastenstandsregeln sofort, alle anderen haben eine mehrjährige Übergangszeit.

Kastenstände – Wofür eigentlich?

Kastenstände sind in der deutschen Sauenhaltung seit vielen Jahren gängige Praxis. Es handelt sich dabei um Rahmen aus Metall, in denen die Sauen für eine gewisse Zeit eingesperrt werden – Landwirtinnen und Landwirte sprechen von "Fixieren". Kastenstände sind in zwei Bereichen im Sauenstall zu finden: Im Deckzentrum und im Abferkelstall.

Das Deckzentrum ist der Teil des Stalls, in dem die Sauen künstlich besamt werden. Die Kastenstände in diesem Bereich sind genormt und in der Regel 200 Zentimeter lang und 65 bis 70 Zentimeter hoch. In der Sauenhaltung ist es gängige Praxis und übergangsweise noch gesetzlich erlaubt, dass die Tiere etwa fünf Tage vor der Besamung dort eingestellt werden und dann etwa vier bis fünf Wochen dort verbringen. Der Grund: Das Fixieren in den Kastenständen vereinfacht den Besamungsprozess und verhindert, dass es unter den Sauen zu Rangkämpfen kommt, die die Trächtigkeit gefährden könnten.

Erst wenn die befruchteten Eier sich fest in der Gebärmutter eingenistet haben – nach etwa vier Wochen – werden die Tiere wieder zu ihren Artgenossen gelassen. Dort verbringen die Sauen dann etwa 80 Tage in Gruppenhaltung.

Sau neben ihren Ferkeln im Ferkelschutzkorb.
Der Ferkelschutzkorb soll verhindern, dass die Sau beim Hinlegen ihre Ferkel erdrückt. Spätestens 2036 dürfen Sauen im Abferkelstall nur noch maximal fünf Tage fixiert werden.
Quelle: landpixel.de

Eine Woche vor dem berechneten Geburtstermin wird die Sau dann in den Abferkelstall gebracht. Dort bleibt sie bis vier Wochen nach der Geburt. Auch im Abferkelstall wird sie wieder in einem Kastenstand fixiert. Der Metallrahmen dort ist etwa 2,50 Meter lang und 70 Zentimeter breit und soll verhindern, dass die Sau nach der Geburt beim Hinlegen versehentlich ihre Ferkel erdrückt – daher wird dieser Kastenstand auch "Ferkelschutzkorb" genannt.

Nach Beendigung der Säugephase werden die Sauen meist wieder direkt in den Deckstall verbracht, wo sie dann binnen einer Woche erneut besamt werden. Hier beginnt der Prozess von Neuem.

Von den rund 21 Wochen, die ein Produktionszyklus (Tragezeit plus Säugezeit) umfasst, verbringen die Tiere neun bis zehn Wochen fixiert in einem Kastenstand. Bei durchschnittlich 2,3 Würfen je Sau und Jahr kommt man auf eine Gesamtzeit von mehr als fünf Monaten pro Jahr.

Wie viele Sauen sind betroffen?

Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland rund 1,4 Millionen Zuchtsauen – das heißt Sauen, die für die Ferkelerzeugung gehalten werden (Stand 2023).

Kastenstände sorgen schon seit Langem für Kritik

Schon seit vielen Jahren kritisieren Tierschutz- und Tierärzteverbände das Fixieren der Sauen in den engen Kastenständen. Sie beanstanden, dass die Tiere grundlegende Verhaltensweisen in diesen Käfigen nicht oder nur sehr eingeschränkt ausführen können. Darüber hinaus zeigen im Kastenstand gehaltene Sauen ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen und Verhaltensstörungen.

Bestätigt wird dies durch den Nationalen Bewertungsrahmen Tierwohl, den ein Expertenteam des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (KTBL) gemeinsam mit Fachleuten aus Wissenschaft, Beratung, Tierschutz und Praxis erarbeitet hat, sowie ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit aus dem Jahr 2007.

Sauen liegen in Kastenständen im Deckzentrum.
In den engen Kastenständen, hier im Deckzentrum, können die Tiere grundlegende Verhaltensweisen nicht oder nur sehr eingeschränkt ausführen.
Quelle: landpixel.de

Das Magdeburger "Kastenstand-Urteil"

Spätestens seit dem sogenannten Magdeburger Urteil von 2015 und seiner Bestätigung durch das Bundesverwaltungsgericht 2016 steht fest, dass die bisher übliche Haltung von Sauen – zumindest im Deckzentrum – in der durchgeführten Form gesetzlich gar nicht zulässig ist und deswegen neu geregelt werden muss. Denn in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, die die Haltung von Schweinen in Deutschland regelt, stand bis zu deren Novellierung 2021: "Kastenstände müssen so beschaffen sein, dass die Schweine sich nicht verletzen können und jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann."

Dies ist in den meisten Deckställen Deutschlands jedoch in der Form nicht möglich. Oft können sich die Tiere in Seitenlage nicht ungehindert ausstrecken, ohne dabei mit ihren Gliedmaßen an Gitter oder Schweine des Nachbarstandes zu stoßen.

Trotz des richterlichen Urteils kam es jedoch vorerst nicht zu Veränderungen in den Sauenställen. Es gab lediglich intensive politische Debatten über eine Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung.

Wie machen andere Länder in Europa das?

Auch in vielen anderen EU-Ländern sind Kastenstände noch die Norm. Es gibt allerdings auch Ausnahmen. So ist die Fixierung der Sauen zum Beispiel in Schweden und Norwegen bereits seit 1988 verboten – sowohl im Deckzentrum als auch im Abferkelbereich. In Großbritannien sind Kastenstände im Deckzentrum seit 1999 unzulässig. Auch in der Schweiz sind Kastenstände seit 1997 verboten.

Was ist in der neuen Verordnung verbessert worden?

Nach der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung dürfen Sauen im Deckzentrum nicht mehr im Kastenstand gehalten werden, sondern nur noch in der Gruppe, wo ihnen mindestens fünf Quadratmeter Platz zur Verfügung stehen müssen. Eine kurzzeitige Fixierung, für den Vorgang der Besamung oder tierärztliche Untersuchungen ist aber zulässig. Bis zur Umsetzung dieser Regelung bleibt den tierhaltenden Betrieben jedoch eine Übergangszeit bis Anfang 2029.

Der strittige Satz, dass sich eine Sau im Kastenstand ungehindert ausstrecken können muss, wurde allerdings geändert. Nun heißt es: "Eine Sau muss sich ungehindert ausstrecken können, ohne an ꞌbauliche Hindernisseꞌ zu stoßen." Damit wird für die Übergangszeit toleriert, dass die Sauen mit ihren Beinen in Seitenlage an die Nachbarsau stoßen.

Im Abferkelstall müssen die Kastenstände laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zwar nicht ganz abgeschafft werden. Die Sauen dürfen dort in Zukunft jedoch nur noch fünf statt 35 Tage fixiert werden. Hier haben die Betriebe bis Anfang 2036 Zeit, um sich auf die neuen Anforderungen einzustellen.

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Letzte Aktualisierung: 12. April 2024


Weitere Informationen

Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung - TierSchNutztV), Stand Februar 2021

BMEL: Mehr Tierschutz und Planungssicherheit in der Sauenhaltung


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