Mundraub und Stoppeln: Was beim Selberpflücken erlaubt ist und was nicht
Letzte Aktualisierung: 18. August 2025
Hartnäckig hält er sich: der Mythos Mundraub. Wissenswertes über Obst und Gemüse am Wegesrand.

Quelle: helmutvogler/stock.adobe.com
Beim Spaziergang entlang des Erdbeerfeldes, der Apfelplantage oder durch den Weinberg wird die Versuchung schnell groß. “Wenn ich nur wenig pflücke und es sofort esse, dann gilt das als Mundraub”, denken wohl manche. Und das ist doch erlaubt. Oder?
Mundraub und Stoppeln sind Diebstahl
Obst und Gemüse auf den Feldern gehören dem jeweiligen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Pflücken oder Aufsammeln von Früchten wird gesetzlich als Diebstahl eingeordnet und ist strafbar. Denn die Landwirtinnen und Landwirte investieren viel Zeit und Geld in ihre Pflanzen und sind auch auf den Verkauf der Ernte angewiesen.
Dasselbe gilt auch für das sogenannte “Stoppeln”, also das Aufsammeln von liegengelassenem Obst und Gemüse nach der Ernte, wie zum Beispiel bei Kartoffeln. Die Erntereste sind nämlich keineswegs nutzlos: Sie werden als organischer Dünger und zum Aufbau von Humus in den Boden eingearbeitet. Manche Landwirtinnen und Landwirte haben aber, solange man sie um Erlaubnis bittet, kein Problem mit dem Stoppeln von geringen Mengen.
Immer wieder werden auch größere Mengen Obst und Gemüse gestohlen, häufig in der Form von organisierter Kriminalität. Bei vielen Landwirtinnen und Landwirten entstehen dadurch große wirtschaftliche Schäden.
“Mundraub-Paragraph” wurde abgeschafft
Das Entwenden von Lebensmitteln war, anders als manchmal angenommen, nie straffrei. Für den “Diebstahl von Verbrauchsmitteln”, also für das Stehlen von kleinen Mengen zum sofortigen Verzehr, gab es lediglich eine verminderte Strafe. Das Gesetz bestand seit Mitte des 19. Jahrhunderts und sollte arme Menschen vor unverhältnismäßig großen Strafen schützen.
Da sich die Versorgung mit Lebensmitteln deutlich verbessert hatte, wurde der sogenannte “Mundraub-Paragraph” 1975 abgeschafft. Gesetzlich wird heute nicht mehr zwischen dem Diebstahl von Lebensmitteln und anderen Sachen von gleichem Wert unterschieden.

Quelle: Hilke Steinecke
Wo darf ich legal pflücken?
Erlaubt ist das Sammeln von wildlebenden Pflanzen und Pilzen, wie Brombeeren, Holunderblüten, Bärlauch und Pfifferlingen in kleinen Mengen für den persönlichen Bedarf.
Bei Wildblumen und Kräutern gilt die Handstraußregel: Pflücken Sie nur so viel, wie zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten werden kann.
Viele Pflanzenarten dürfen nicht gepflückt werden, weil sie besonders selten und schützenswert sind. Deshalb müssen Sie die Pflanzen vorher eindeutig bestimmen, zum Beispiel mit einer App, wie Flora Incognita, oder einem Bestimmungsbuch. Bei Kräutern ist das ohnehin nötig, weil man viele Arten schnell mit Giftpflanzen verwechseln könnte.
Auf Privatgrundstücken und in Naturschutzgebieten darf nicht gesammelt werden. Die Standorte von essbaren Wildpflanzen finden Sie beispielsweise auf der Webseite mundraub.org.
Auch bei Pilzen gibt es Arten, die nicht gesammelt werden dürfen. Dazu gehören etwa Kaiserlinge und alle Trüffelarten. Die erlaubte Höchstmenge ist bei Pilzen nicht genau definiert, sie darf aber den persönlichen Bedarf nicht übersteigen. Meist wird hier von höchstens ein bis zwei Kilogramm je sammelnder Person und Tag ausgegangen. Auch hier gilt: Vorsicht vor giftigen Arten!
Manchmal werden Obstbäume mit einem gelben Band um den Stamm markiert, zum Beispiel in Privatgärten oder auf Streuobstwiesen. Hier dürfen Sie sich kostenlos für den Eigenbedarf bedienen. Gehen Sie bitte vorsichtig mit den Bäumen um und nehmen Sie nur so viel mit, wie Sie wirklich brauchen. Diese Bäume gehören nämlich jemandem, der das Obst nicht oder nur zum Teil selbst verwerten kann, es aber gerne verschenken möchte.
Eine weitere Möglichkeit sind Selbsternte-Felder. Dort kann man Erdbeeren und anderes Obst pflücken und vor Ort bezahlen – und das Naschen wird meist toleriert.
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