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Wie arbeiten Mutterkuhhalter?

Mutterkühe werden vor allem dort gehalten, wo es – wie in Brandenburg – viel Grünland gibt. Wir haben einem Halter über die Schulter geschaut.

Kühe
Quelle: Cordula Möbius

Die Mutterkuhhaltung ist eine sehr natürliche Haltungsform, die der Fleischerzeugung dient. Das Kalb bleibt nach der Geburt bei der Mutter und saugt an ihrem Euter. Gemolken werden Mutterkühe nicht. Das Land Brandenburg mit seinen ausgedehnten Grünlandarealen zählt zu den Bundesländern mit dem größten Fleischrinderbestand. Mehr als jede dritte Kuh hier ist eine Mutterkuh. In Gesamtdeutschland trifft das nur auf etwa jede siebte Kuh zu.

Großbetrieb mit extensiver Grünlandbewirtschaftung

In der Gegend um den havelländischen Ort Friesack grasen die rund 450 Mutterkühe der Agrargenossenschaft Wutzetz mit ihren Kälbern. Der bäuerliche Mehrfamilienbetrieb mit 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verfügt über 1.540 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Die Hälfte davon ist Grünland.

Bis zur Gründung der Agrargenossenschaft vor mehr als 20 Jahren gab es hier vor allem Milchkühe. Seitdem spielt die extensive Rinderhaltung eine große Rolle. „Alles begann im Jahr 1993 mit dem Kauf von Fleckviehfärsen aus Tschechien, den ersten Tieren unseres Mutterkuhbestandes“, erinnert sich Geschäftsführer Jürgen Brockmann. Diese Rasse ist in Brandenburg sehr beliebt. „Das Rind ist anpassungsfähig und robust und eignet sich gut für die Mutterkuhhaltung in den Niederungen des Havellandes“, charakterisiert Jürgen Brockmann die in Brandenburg sehr beliebte Rasse. Die Tiere sind gutartig, sehr mütterlich und die Kälber wachsen schnell – Eigenschaften, die für eine erfolgreiche Mutterkuhhaltung von Vorteil sind.

Viel Aufmerksamkeit für Kühe und Kälber

Der Jahresanfang ist für Mutterkuhhalterinnen und -halter die arbeitsintensivste Zeit, denn dann kalben die Mutterkühe. Die ersten Kälber kommen bereits Ende Februar auf die Welt. Im März und April sind die meisten Geburten zu verzeichnen. Bei ungefähr zehn Prozent der Kalbungen müssen die Kühe unterstützt werden, in seltenen Fällen auch durch den Tierarzt.

"Die Kalbungen erfolgen im Stall", erläutert Jürgen Brockmann. Dort leben die Kühe in Gruppen zu vierzig Tieren zusammen. Sie kalben im dicken Strohbett des Außenauslaufs. "Nach der Geburt bringen wir Mutter und Kalb zunächst in eine Einzelbox. So können sie sich in Ruhe aneinander gewöhnen." Jürgen Brockmann hält diese Maßnahme für sehr wichtig. "Wir wollen damit vermeiden, dass sich ein Jungtier verirrt oder anders orientiert. Manche Kälbchen finden das Euter ihrer Mutter einfach schwerer als andere und manche Kühe kümmern sich nicht um ihr Kalb. Ältere, sehr mütterliche Kühe wiederum nehmen Kälber an, die sie gar nicht geboren haben. Das beobachten wir sehr aufmerksam und helfen den Müttern und Kälbern, die sich schwer zusammenfinden. In einigen Fällen müssen wir auch das Kalb ans Euter ansetzen, damit es trinken lernt."

Sind die Bindungen gefestigt, kommen die Mutterkühe und ihr Nachwuchs in Gruppen zu zehn Tieren zusammen, wenig später in Gruppen zu vierzig Tieren. Zu diesem Zeitpunkt sind die Kälber meist drei Wochen alt. Ab April geht es hinaus auf die Weide.

Immer wieder frisches Weidefutter

Den ganzen Sommer über bleiben die Kühe mit ihren Kälbern dort und täglich schauen die Landwirte nach ihnen. Sie überprüfen die Tränken und kontrollieren die Stromführung der Elektrozäune. "Bei diesen Besuchen gewinnen wir sehr schnell ein Gefühl für die Gruppe", sagt Jürgen Brockmann. "Man kennt die Stellen, an denen die Kälber liegen, weiß, welche Tiere schwächeln und ob sie eine zusätzliche Versorgung mit Energie und Nährstoffen benötigen."

Alle 14 Tage erhalten die Rinder eine neue Koppel. Jede der Gruppen rotiert in einem bestimmten Areal. Nach zwei Runden wird das Gras der Fläche mit einem Häcksler gekürzt und auf der Fläche belassen. Dabei werden auch Problemunkräuter wie Brennnesseln und Disteln zerkleinert und Kothaufen flächig verteilt.

"Im Frühjahr, wenn das Gras rasch wächst, nutzen wir zunächst nur die Hälfe des Grünlandes als Weidefläche. Auf der anderen Hälfte wächst unser Winterfutter heran. Von der Mahd erzeugen wir die Silage, die wir in den Wintermonaten an unsere Tiere verfüttern."

Mitte Mai kommt der Bulle in die Herde. Er ist für den Nachwuchs des kommenden Jahres verantwortlich. Die Bullen sollen umgänglich sein und einen ruhigen Charakter haben.

Im Winter in den Stall – warum?

"Wir investieren viel Arbeit in unsere Kühe und wollen, dass es ihnen gut bei uns geht", sagt Jürgen Brockmann. "Deshalb haben die Tiere stets freien Zugang zu Futter und Tränkwasser und leben in harmonischen Gruppen zusammen." Das ändert sich auch im Herbst nicht, wenn die Weidezeit endet und die Herde neu aufgeteilt wird. Die Kälber sind dann circa sieben Monate alt und wiegen zwischen 250 und 350 Kilogramm. Sie werden nun von ihren Müttern getrennt.

Die Mutterkühe werden im Winter wieder aufgestallt. Ihr Zuhause sind nun luftige Unterkünfte mit eingestreuten Außenausläufen. Zweimal am Tag wird gefüttert. Montags und freitags wird der Stall gereinigt und eingestreut, Dienstag bis Donnerstag sind die Ausläufe an der Reihe. "So haben die Tiere immer etwas Frisches und Trockenes zur Verfügung."

Bei den Kühen erfolgt jetzt die Untersuchung auf Trächtigkeit. Im vergangenen Jahr waren 95 Prozent der Tiere tragend. Das ist ein Top-Ergebnis. "Manchmal verhindert eine Zyste auf der Gebärmutter die Trächtigkeit. Einige Kühe mögen auch den Bullen nicht", sagt Jürgen Brockmann. Kühe, die nicht tragend sind, werden aus der Mutterkuhgruppe herausgenommen. Sie werden gemästet und schließlich als Schlachtkühe verkauft.

Für Jürgen Brockmann hat die Winterstallhaltung einige Vorteile: Die Tiere bleiben an den Umgang mit dem Menschen gewöhnt und sind zutraulich. Das erleichtert Arbeiten in der Tierpflege wie zum Beispiel die Klauenbehandlung. "Wir haben festgestellt, dass Jungtiere, die nie einen Stall gesehen haben, irgendwann verwildern. Wenn wir bei diesen Tieren tierärztliche Hilfe benötigen, stehen wir vor einem Problem." Auch den Weideflächen tut eine winterliche Ruhe gut. Sie können sich wieder regenerieren.

"Wenn man mit den Tieren ruhig und verantwortungsvoll umgeht, dann geben die Rinder das irgendwann zurück", ist die Erfahrung von Jürgen Brockmann. In Wutzetz jedenfalls haben die Landwirtinnen und Landwirte lange Freude an ihren Kühen. Diese leben im Schnitt sieben bis acht Jahre auf dem Betrieb. Die älteste Kuh ist heute 14 Jahre alt und hat bislang zwölf Kälber geboren.

Auch die Kälber überwintern im Stall. Ein Teil von ihnen wird als Nachzucht für die Mutterkuhherde aufgezogen. Das sind ungefähr 40 Prozent der weiblichen Tiere und die besten männlichen Tiere, die später als Zuchtbullen den Nachwuchs zeugen dürfen. Die Mehrzahl der Kälber wird weiter gemästet.

Das heißt, die Tiere werden im Stall gefüttert, gehen im Frühjahr wieder auf die Weide und bleiben dort bis zum Herbst. Dann sind sie schlachtreif.

Wie werden die Tiere gefüttert?

Im Sommer ernähren sich die Tiere vom Gras auf der Weide. Im Winter erhalten sie Silage als Futter. Die Silage ist ein durch Milchsäuregärung konserviertes Futtermittel, das besonders Wiederkäuer wie Rinder gut verwerten können. In der Agrargenossenschaft Wutzetz wird Silage aus einem Teil des Grases, das auf den Weiden wächst, hergestellt. Zusätzlich erhalten die Rinder ein Mischfutter. Es setzt sich aus Triticale (einer Getreideart), Lupinen und Mineralien zusammen.

Das Getreide und die Lupinen erzeugt der Betrieb auf seinen Feldern selbst, nur Mineralstoff wird zugekauft. "Das Futter mischen wir vor Ort", sagt Jürgen Brockmann. Dazu kommt eine mobile Mühle auf den Betrieb, ein Mischfutterwerk auf Rädern. In dem mobilen Mischfutterwerk werden die einzelnen Futterkomponenten entsprechend einer vom Betrieb vorgegebenen Mischanleitung gewogen, geschrotet, gequetscht und vermengt. Das fertige Mischfutter wird in einem Silo eingelagert.

Wo wird das Fleisch vermarktet?

Wenn die Tiere schlachtreif sind, wiegen sie zwischen 550 und 700 Kilogramm, wobei die männlichen Tiere etwas mehr auf die Waage bringen als die weiblichen. Die Rinder werden nun an eine Schlachterei verkauft. Die Agrargenossenschaft Wutzetz vermarktet ihre Tiere zur einen Hälfte an einen Betrieb in Teterow (Mecklenburg-Vorpommern), zur anderen Hälfte an eine westdeutsche Schlachterei. Die Rinder werden mit Spezialfahrzeugen dorthin transportiert. Von der Schlachterei wird das Fleisch dann an Metzgereien in der Region oder an andere Betriebe in Deutschland geliefert und dort verarbeitet, bevor es schließlich im Supermarkt landet.

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Die Deutschen essen immer weniger Fleisch. Dieser Trend verfestigt sich. Zum vierten Mal in Folge ist der Fleischverzehr im Vergleich zum Vorjahr gesunken – 2022 auf 52 Kilogramm pro Kopf. Ein Rückgang um mehr als zehn Prozent innerhalb von nur drei Jahren und der mit Abstand niedrigste Wert der vergangenen drei Jahrzehnte. Ein möglicher Grund für den sinkenden Fleischverzehr könnte die anhaltende Tendenz zu einer stärker pflanzenbasierten Ernährung sein.

Der Schweinefleischkonsum ist bereits seit Jahren rückläufig. 2022 lag er mit 29 Kilogramm erstmals seit Beginn der Verzehrsberechnung unter der 30-Kilo-Marke. Während der Schweinefleischkonsum innerhalb der vergangenen zehn Jahre um ein Viertel zurückging, legte der Verzehr von Geflügelfleisch im selben Zeitraum um ein Achtel zu. Das stetige Wachstum der vergangenen Jahrzehnte scheint aber auch beim Geflügelfleisch an seinem Ende angelangt zu sein. Denn so viel Geflügelfleisch wie noch 2018 wurde in den vergangenen vier Jahren in Deutschland nicht mehr konsumiert.

Letzte Aktualisierung: 13. März 2023


Weitere Informationen

Nutztierhaltung.de: Tierwohl in der Mutterkuhhaltung

Oekolandandbau.de: Mutterkuhhaltung im ökologischen Landbau


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