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Warum wird die Landwirtschaft so stark subventioniert?

Die hohen Fördergelder für den Agrarbereich werden oft kritisch gesehen. Doch es gibt auch Argumente für die Unterstützung der Betriebe.

Traktor auf dem Feld bei der Winterweizensaat.
Einen Großteil der Fördermittel erhalten landwirtschaftliche Betriebe als Flächenprämie.
Quelle: landpixel.de

Im Jahr 2020 wurden aus dem Haushalt der Europäischen Union (EU) etwa 6,84 Milliarden Euro Agrarsubventionen an landwirtschaftliche Betriebe, aber auch an Verbände, Behörden und Unternehmen im Agrarbereich in Deutschland  gezahlt. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln, dass auch Nichtlandwirtinnen und -landwirte, die im Besitz großer landwirtschaftlicher Flächen sind, hohe Zahlungen erhalten.  

Nach Frankreich und Spanien erhält Deutschland die drittmeisten Mittel aus dem europäischen Agrarhaushalt. Doch auch in vielen anderen Ländern wie den USA oder Japan wird die Landwirtschaft staatlich unterstützt, allerdings meist in geringerem Umfang.

Hätten Sie's gewusst?

Dass die Agrarzahlungen einen derart hohen Anteil am EU-Haushalt haben, liegt nicht zuletzt daran, dass die Agrarpolitik zu den am stärksten vergemeinschafteten Politikbereichen zählt und nahezu komplett aus dem EU-Haushalt finanziert wird.

Etwa 70 Prozent der Fördermittel  in Deutschland sind Flächenprämien, die für jeden bewirtschafteten Hektar an die Betriebe ausgezahlt werden, unabhängig von der angebauten Kultur und der Art der Bewirtschaftung. Die weiteren Mittel bekommen nur Betriebe, die an bestimmten Förderprogrammen teilnehmen und die darin festgelegten Vorgaben einhalten. Mit den Programmen werden zum Beispiel Investitionen gefördert, Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums, besonders umweltfreundliche Anbauverfahren oder Leistungen für den Küsten- und Hochwasserschutz.

Fördermittel machen über 40 Prozent des Einkommens aus

Die Fördergelder machen je nach Struktur eines Haupterwerbsbetriebs zwischen 45 und 75 Prozent des landwirtschaftlichen Einkommens aus. Bei sogenannten Nebenerwerbsbetrieben, die eine zweite Einkommensquelle außerhalb der Landwirtschaft haben, liegt der Anteil der Fördermittel am landwirtschaftlichen Einkommen noch deutlich höher.

Die Förderung begründet sich aus Sicht des Bundeslandwirtschaftsministeriums mit der besonderen Rolle der Landwirtschaft, die eine durchgehende Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen, gesunden und bezahlbaren Lebensmitteln sicherstellt. Mit dem Geld sollen vor allem größere Schwankungen der Preise für Agrarprodukte abgefedert werden, um das Einkommen der Betriebe zu stabilisieren.

Unterstützung für hohe Produktionsstandards

Streuobstwiese
Landwirtschaftliche Betriebe erhalten auch die Kulturlandschaft einer Region. Diese Leistung wird über Fördermittel honoriert.
Quelle: BLE

Zudem dient die Unterstützung als Ausgleich für die im weltweiten Vergleich sehr hohen Standards der EU-Staaten im Bereich Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz. Die höheren Auflagen verteuern die Erzeugung von Lebensmitteln und führen dazu, dass die Weltmarktpreise für Agrarprodukte wie Fleisch oder Getreide in der Regel nicht ausreichen, um einen landwirtschaftlichen Betrieb in Deutschland wirtschaftlich zu führen.

Weiterhin wird die Förderung als Entlohnung für Leistungen für die Gesellschaft gesehen, die nicht direkt vom Markt honoriert werden. Dazu zählen zum Beispiel der Erhalt und die Pflege von Natur-, Kultur-, und Erholungslandschaften wie Grünland, Weinberg, Streuobstwiese oder Heidegebiet. Auch bei der Erhaltung der Attraktivität und Besiedlung des ländlichen Raums und der Erzeugung nachwachsender Rohstoffe wird der Landwirtschaft eine wichtige Rolle zugeschrieben.

Stärkere Kopplung an umweltfreundliche Bewirtschaftung

Auf Kritik stößt die Förderung vor allem da, wo eine Kopplung der Zahlungen an konkrete Vorgaben, etwa zum Umweltschutz oder Tierwohl, fehlt. Nach dem Prinzip "Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen" wollen Kritikerinnen und Kritiker des bisherigen Systems der EU-Agrarförderung die Auszahlung von Fördergeldern an die Erbringung gesellschaftlicher oder ökologischer Leistungen knüpfen. Stein des Anstoßes sind insbesondere die Flächenprämien, die an keine zusätzlichen Umweltvorgaben gebunden sind.

Mit der 2021 erzielten Einigung über eine EU-Agrarreform für die Jahre 2023 bis 2027 soll ein Umsteuern einhergehen und Umwelt- und Klimaleistungen der Landwirtschaft umfassender gefördert werden. 25 Prozent der Direktzahlungen werden an so genannte Eco-Schemes geknüpft. Die Erbringung von Leistungen im Rahmen dieser Öko-Regelungen ist für die landwirtschaftlichen Betriebe freiwillig. Wer sich diese Gelder jedoch sichern möchte, muss dafür Leistungen für Umwelt-, Klimaschutz oder die Biodiversität erbringen, die über die allgemeinen Auflagen an Umwelt -und Klimaschutz hinausgehen.

Außerdem soll ein zunehmender Anteil der jährlichen Direktzahlungen in die zweite Säule der GAP fließen, damit dort künftig mehr Mittel für Programme zur Förderung von Klima- und Umweltschutzmaßnahmen und zur Stärkung der ländlichen Räume genutzt werden können. Bis 2023 soll dieser Anteil auf 10 Prozent und bis 2026 auf 15 Prozent erhöht werden.

Schließlich soll die sogenannte "Konditionalität" dafür sorgen, dass jeder geförderte Hektar künftig an höhere Umwelt-, Klima- und Tierschutzauflagen geknüpft ist. Sie sieht vor, dass die Betriebe zum Erhalt der Basisprämie künftig mindestens vier Prozent ihrer landwirtschaftlichen Flächen als "nichtproduktive Fläche" oder für Landschaftselemente zum Schutz der Biodiversität bereitstellen müssen. Zusätzlich gelten besondere Regelungen zur Erhaltung von Dauergrünland sowie zum Schutz von Feuchtgebieten und Mooren.

Das Echo fällt geteilt aus. Das Bundeslandwirtschaftsministerium begrüßte die Reform als Systemwechsel, "der ein Mehr an Umwelt- und Klimaschutz mit wirtschaftlichen Perspektiven für die Landwirte und die ländlichen Räume verbindet." Während der Deutsche Bauernverband vor Zahlungseinbußen für Landwirtinnen und Landwirten warnte und sich für mehr Flexibilität und weniger Bürokratie aussprach, hätten sich Umwelt- und Naturschutzverbände deutlich strengere Umweltauflagen gewünscht. Sie halten die Reform für nicht ausreichend, um die europäischen Klima- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Letzte Aktualisierung: 25. August 2022


Weitere Informationen

Praxis-agrar.de: Was verdienen Landwirte in Deutschland?

Deutscher Bauernverband (DBV): Situationsbericht 2021/22 – Agrarpolitik und Agrarförderung


Was verdienen Landwirtinnen und Landwirte?

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Bild mit Schafen und Schäfer am Hang

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