Begegnung mit einem Bienenschwarm – was tun?
Schwärmende Bienen sind ein faszinierendes Schauspiel – aber warum schwärmen sie überhaupt und wie reagiert man auf einen Schwarm?
Wenn Bienen beschließen zu schwärmen, ist das ein imposantes Schauspiel: Tausende von Bienen erheben sich gleichzeitig in die Luft, warten ab, wo ihre Königin sich niederlässt, und sammeln sich sodann in einer dichten Traube um Ihre Majestät.
Je nach Umgebung kann dies der Ast eines Kirschbaums sein, aber auch eine Laterne, ein Fahrrad oder die Leuchtreklame des nächsten Copyshops.
Seit die Anzahl der Stadtimkerinnen und Stadtimker deutlich gestiegen ist, kann man auch in der Stadt wieder häufiger Bienenschwärme beobachten. In manchen Jahren zeigen die Bienenvölker zudem generell eine auffällige Schwarmlust – mal nur in bestimmten Regionen, manchmal aber auch in weiten Teilen des Landes.
In solchen "Schwarmjahren" mehren sich dann die Anrufe bei Imkervereinen und Behörden. Meist geht es darum, ob ein Bienenschwarm gefährlich ist, und wem man den Schwarm melden sollte.
Schwärmende Bienen sind friedlich
Eine Wolke aus Tausenden Bienen kann auf den ersten Blick durchaus bedrohlich wirken, schließlich weiß man nicht nur um ihre Rolle als Bestäuber, sondern auch um den Stachel der Insekten. Dennoch sind sie in der Regel keine Bedrohung, denn schwärmende Bienen sind besonders friedlich.
- Sie haben sich vor ihrem Auszug mit Honig vollgepumpt, und ein voller Magen stimmt nicht nur Menschen friedlich.
- Nahrung, Brut, das Dach überm Kopf – schwärmende Bienen haben fast alles hinter sich gelassen, was sich zu verteidigen lohnt. Das entspannt zusätzlich.
- Wenn eine Biene sticht, wird dabei nahezu immer ihr Stachel mitsamt Giftblase herausgerissen und sie stirbt. Daher setzen Bienen ihren Stachel nur im äußersten Notfall ein, etwa wenn man sie versehentlich quetscht. Dadurch unterscheiden sich Bienen wesentlich von einigen deutlich aggressiveren Wespenarten, mit denen sie aber unglücklicherweise häufig verwechselt werden (siehe Kasten).
Biene oder Wespe?
Die meisten vermeintlichen Bienenstiche gehen eigentlich auf Wespen zurück, genaugenommen vor allem auf zwei Wespenarten: die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe. Diese sind leuchtend schwarz-gelb gestreift, treten oft aggressiv auf und interessieren sich auffällig für Grillgut sowie für süße Speisen und Getränke.
Die hiesigen Honigbienen hingegen sind sehr friedlich und suchen überaus selten auf der Kaffeetafel nach Nahrung. Im Gegensatz zu Wespen sind sie behaart und braun-grau gestreift.
Ein papierartiges kugelförmiges Nest ist ebenfalls den Wespen zuzuordnen, seltener handelt es sich um ein Hornissennest, jedoch keinesfalls um das Heim von Honigbienen.
Wie auf einen Schwarm reagieren?
Wer einem Schwarm begegnet, sollte versuchen, sich aus dem größten Gewusel herauszuhalten – schlicht, damit sich keine Insekten in der Kleidung oder im Haar verfangen. Selbst das würde zwar höchstwahrscheinlich ohne Stich enden, solange man ruhig bleibt und das Insekt vorsichtig befreit; aber genau das dürfte den meisten nicht-imkernden Menschen in dieser Situation schwerfallen.
Wer den Bienen einen Gefallen tun möchte, beobachtet, wo sich der Schwarm niederlässt, und ruft währenddessen beim örtlichen Imkerverein an. Dessen Kontaktdaten lassen sich dank Internet meist schnell in Erfahrung bringen. Im Optimalfall kommt dann eine Imkerin oder ein Imker vorbei und fängt den Schwarm ein.
Dazu wird die Bienentraube zunächst mit etwas Wasser besprüht, damit die Bienen nicht auffliegen. Sitzt die Traube beispielsweise an einem gut zu erreichenden, höher gelegenen Platz, wird sie einfach in einen darunter gehaltenen Behälter geklopft oder mit dem Bienenbesen hinein gefegt. An einigen Plätzen kommen aber auch Imkerinnen und Imker nur mit Tricks weiter, oder die Feuerwehr muss mit einer Drehleiter aushelfen.
Warum muss der Schwarm zurück zur Imkerei?
Honigbienen haben heute in der freien Natur kaum Chancen zu überleben. Zum einen finden sie gerade in der Stadt kaum geeignete Behausungen wie einen hohlen Baumstamm.
Zum anderen setzt die Varroamilbe den Bienenvölkern hierzulande arg zu. Dieser Parasit vermehrt sich ohne imkerliche Gegenmaßnahmen rasant und würde das Volk innerhalb weniger Monate zugrunde richten.
Auch andere Parasiten und Krankheitserreger können an freilebenden Völkern nicht behandelt werden. Bricht in der Folge ein Volk zusammen, versuchen verbleibende Bienen, bei einem anderen Volk Zuflucht zu finden. Dadurch steigt die Infektionsgefahr für alle Bienenvölker in der Umgebung.
Warum schwärmen Bienen überhaupt?
Bienen vermehren sich, indem sie schwärmen. Wann sie sich dazu entscheiden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. In Schwarmstimmung kommen Bienen beispielsweise
- wenn das Volk so groß geworden ist, dass der verfügbare Raum knapp wird und/oder wenn erste Bienen arbeitslos werden.
- wenn auf eine sehr gute Pollentracht mit guter Brutentwicklung Nektarmangel folgt. Die Ursache für Nektarmangel kann zum Beispiel anhaltende Trockenheit sein, da die Blüten dann weniger Nektar produzieren, aber auch das Gegenteil – bei anhaltenden Niederschlägen fliegen die Bienen seltener aus.
- wenn Probleme auftreten, die das Volk am derzeitigen Standort nicht lösen kann. In diesem Fall bildet sich ein sogenannter Notschwarm. Mögliche Ursachen sind zum Beispiel eine hohe Belastung mit Varroamilben, Futtermangel, starkes Erhitzen der Behausung im Sommer oder häufige Störungen von außen.
Hätten Sie's gewusst?
Weil Honigbienen für die Bestäubung von Pflanzen und damit für unsere Ernährung von besonderer Bedeutung sind, verfügen Imkerinnen und Imker über ein besonderes Recht: Um einen Schwarm einzufangen, dürfen sie ausnahmsweise auch ohne ausdrückliche Erlaubnis fremde Grundstücke betreten. Eventuell dabei entstehende Schäden müssen sie natürlich ersetzen.
Gerät ein Volk in Schwarmstimmung – meist im Mai oder Juni – baut es "Schwarmzellen". In diese deutlich größeren Zellen legt die Königin ein ganz normales, befruchtetes Ei wie in jede gewöhnliche Arbeiterinnenzelle. Die daraus geschlüpfte Larve erhält jedoch von den Ammenbienen einen speziellen Futtersaft, den Gelée royale, und eine intensivere Betreuung. Dadurch wird aus einer ganz gewöhnlichen Bienenlarve eine neue Königin.
Während meist gleich in mehreren Schwarmzellen neue Königinnen herangezogen werden, wird die alte Königin auf Diät gesetzt. Erst dadurch wird sie wieder flugfähig. Steht die neue Bienenkönigin schließlich kurz vor dem Schlüpfen, zieht die alte Königin mit einem Teil der Bienen aus.
Wie stark ein Volk zum Schwärmen neigt, hängt auch von der genetischen Veranlagung ab. Schwarmträgheit gehört deshalb zu den wichtigen Zuchtzielen.
Wollen Imkerinnen und Imker, dass ihre Bienen schwärmen?
Kommt darauf an. Seit einigen Jahren steigt die Zahl derjenigen, die auf die sogenannte wesensgemäße Bienenhaltung setzen. Dieser Begriff ist nicht ganz eindeutig definiert, für viele Vertreterinnen und Vertreter dieser Betriebsweise gehört jedoch unter anderem dazu, den Schwarmtrieb bewusst zuzulassen.
Die meisten Imkerinnen und Imker versuchen allerdings aus verschiedenen Gründen, das Schwärmen zu verhindern:
- Gerät ein Volk in Schwarmstimmung, gehen der Sammeltrieb und damit der Honigertrag zurück.
- Bekommt man das Abschwärmen nicht mit, verliert man mindestens ein halbes Volk.
- Ein Bienenschwarm überlebt in der freien Natur mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht lange.
- Einen abgegangenen Schwarm einzufangen, bedeutet zusätzlichen und mitunter sehr hohen Aufwand.
- Ein Volk, das aus einem Schwarm hervorgegangen ist, zeigt eventuell auch künftig einen stärkeren Schwarmtrieb.
Vor diesem Hintergrund sind die meisten Imkerinnen und Imker bemüht, die Bienen gar nicht erst in Schwarmstimmung geraten zu lassen – etwa durch einen optimalen Standort, gute Pflege und indem sie ihnen rechtzeitig zusätzlichen Platz zur Verfügung stellen. Außerdem können sie einem starken Volk aktiv einen Teil der Brutwaben und/oder der Bienen entnehmen, um auf dieser Basis ein neues Volk heranwachsen zu lassen.
Letzte Aktualisierung: 25. Januar 2024