Welche Rolle spielt der Tierschutz bei der Schlachtung?
Letzte Aktualisierung: 26. Juni 2025
Laut Gesetz soll die Schlachtung für Tiere so stress- und schmerzfrei wie möglich erfolgen. Doch was bedeutet das und wird es hinreichend umgesetzt?

Quelle: BLE
In Kürze
- Tierschutzvorgaben sollen sicherstellen, dass keine vermeidbare Aufregung oder Schäden für die Tiere beim Schlachtprozess entstehen.
- Wirbeltiere müssen in Deutschland mit Bolzenschuss, CO2 oder Strom betäubt werden.
- Im Anschluss folgt die Tötung durch Entblutung, hierbei muss sichergestellt sein, dass die Tiere bewusstlos sind.
- Trotz gesetzlicher Vorgaben, werden von Tierschutzorganisationen immer wieder Verstöße nachgewiesen.
- Freiwillige Videoüberwachungen und neutrale Kontrollen sollen Tierschutzverstöße verhindern.
Wie ist der Tierschutz bei der Schlachtung gesetzlich geregelt?
Kein Unterschied zwischen Bio- und konventionellen Tieren
Während sich die Anforderungen beim Transport der Tiere noch unterscheiden, gibt es vom Moment der Ankunft am Schlachthof keine Unterschiede mehr zwischen ökologisch und konventionell gehaltenen Tieren.
Oekolandbau.de: Wie werden Öko-Tiere geschlachtet?
Welche Tierschutzvorgaben bei der Schlachtung von Tieren einzuhalten sind, ist in Deutschland im Tierschutzgesetz sowie in der Tierschutz-Schlachtverordnung vorgeschrieben. Darüber hinaus gilt auf EU-Ebene die Verordnung über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung ((EG) Nr. 1099/2009).
Nach der deutschen Tierschutz-Schlachtverordnung (TierSchlV) sind die Tiere im Schlachtbetrieb "so zu betreuen, ruhigzustellen, zu betäuben, zu schlachten oder zu töten, dass bei ihnen nicht mehr als unvermeidbare Aufregung oder Schäden verursacht werden."
Dies ist durch geeignete Maßnahmen sowie Kontrollen sicherzustellen.
Was genau passiert bei einer Schlachtung?
Transport zum Schlachthof
Der Transport zum Schlachthof ist in Sachen Tierschutz höchst relevant. In diesem Artikel beschränken wir uns jedoch auf die Prozesse, die ab der Ankunft der Tiere am Schlachthof stattfinden. Mehr zum Transport der Tiere finden Sie im Artikel: Tiertransporte
Die Schlachtung ist ein Prozess, der die Betäubung und Tötung sowie das Ausbluten, Ausnehmen und Zerlegen der Tiere umfasst.
Bis zur Betäubung sind die Abläufe in einem Schlachthof für alle Tierarten weitgehend die gleichen: Nach dem Abladen der Tiere vom Transportfahrzeug werden sie in Warteställe verbracht, wo sie einige Stunden verweilen und zur Ruhe kommen und Stress abbauen sollen.
Die Stressminderung dient zum einen dem Wohlergehen der Tiere, hat zum anderen aber auch Auswirkungen auf die Fleischqualität. Denn Stresshormone können zu unerwünschten chemischen Reaktionen im Fleisch führen, die die Konsistenz und den Geschmack des Fleisches negativ beeinflussen.
Rinder und Schweine laufen den Weg vom Transportfahrzeug zum Wartestall. Masthühner werden in Transportkisten am Schlachthof angeliefert und im Wartestall abgestellt.
Tiere die gemeinsam zum Schlachthof transportiert wurden, bleiben in der Regel auch während des Treibens und in den Warteställen in diesen Gruppen beisammen und werden nicht mit anderen gemischt.
Nach einigen Stunden im Wartestall geht es dann weiter zur Betäubungsstelle.

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Betäubung
Per Gesetz müssen Wirbeltiere in Deutschland vor dem Schlachten betäubt, also in eine Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit versetzt werden. Und zwar so, dass Schmerzen und Leiden für sie so gering wie möglich gehalten werden. Das betäubungslose Schlachten aus religiösen Gründen – auch Schächten genannt – wird in Deutschland nur in wenigen Ausnahmefällen genehmigt.
Während Rinder weit überwiegend per Bolzenschuss betäubt werden, kommen bei Schweineschlachtungen zwei Verfahren zur Anwendung: die Kohlendioxid- und die Elektro-Betäubung. Geflügel wird in Deutschland heute überwiegend mit Kohlendioxid (CO2) betäubt, vereinzelt kommt aber auch noch die Methode der Elektro-Wasserbadbetäubung zur Anwendung.
Details zu den Betäubungsmethoden bei Rinder-, Schweine- und Geflügelschlachtungen finden Sie auf den folgenden Seiten auf landwirtschaft.de:
Töten und Ausbluten
Die eigentliche Tötung der Schlachttiere findet durch Entbluten statt. Dazu werden ihnen mit einem gezielten Schnitt oder Stich die Halsschlagadern bzw. die herznahen Blutgefäße geöffnet, was zu einem schnellen Blutverlust und zum Tod führt.
Anschließend werden die Tiere gereinigt, ggf. enthäutet, ausgenommen und zerlegt.
Übrigens arbeiten auch kleinere Schlachtbetriebe oder selbstschlachtende Metzgereien nach dem oben beschriebenen Schema, nur dass die Abläufe dort weniger automatisiert und seriell ablaufen als in großen Schlachtbetrieben.

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Was sind die tierschutzkritischen Bereiche bei der Schlachtung?
Der erste tierschutzsensible Bereich am Schlachthof ist die Ankunft und das Abladen der Tiere. Verletzte oder kranke Tiere müssen hier bereits von den anderen getrennt und angemessen versorgt werden, um weiteres Leid zu vermeiden. Die unversehrten Tiere werden zum Wartestall getrieben.
Das Abladen und das Treiben sollten in Ruhe stattfinden. Der Einsatz mechanischer Treibhilfen wie Paddel oder Bretter ist erlaubt, elektrische Treibhilfen sind verboten. Um das selbstständige Vorwärtsgehen der Tiere zu fördern, sollten Treibgänge an die Bedürfnisse der Tierart angepasst sein. Rampen sollten möglichst ohne steile Neigung sein und die Böden rutschfest. Auch ein geringer Lärmpegel und angepasste Lichtverhältnisse tragen dazu bei, den Stress bei den Tieren zu verringern.
Auch der Wartestall sollte so gestaltet sein, dass die Tiere wenig Stress erfahren. So muss der Bereich ausreichend Platz bieten, dass die Tiere sich nicht drängen müssen. Belüftung, Temperatur, Licht und Lautstärke sollten so geregelt sein, dass die Tiere zur Ruhe kommen können. Zudem muss den Tieren ausreichend Wasser zur Verfügung stehen – bei längeren Wartezeiten auch Futter.
Der nächste Schritt ist die Betäubung. Sie muss sicher wirken, damit bewusste und unbewusste Sinneswahrnehmungen ausgeschaltet werden und die Tiere bei der darauffolgenden Tötung keinen Schmerz empfinden. Rinderschlachtbetriebe müssen – um eine effektive Betäubung sicherzustellen – sogenannte Betäubungsfallen verwenden, in denen der Kopf des Tiers fest fixiert werden kann, sodass die betäubende Person den Bolzenschuss sicher setzen kann.
Das Schlachthofpersonal muss die Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit der Tiere sicherstellen. Dazu werden unter anderem die Augenreflexe überprüft. Zusätzlich werden stichprobenartige Kontrollen von der beziehungsweise dem Tierschutzbeauftragten durchgeführt und dokumentiert.
Um zu verhindern, dass die Tiere das Bewusstsein wiedererlangen, muss das Töten durch Entbluten unmittelbar nach der Betäubung stattfinden. Bei Rindern beispielsweise muss dies innerhalb von 60 Sekunden nach dem Bolzenschuss stattfinden.

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Sehr wichtig ist, dass alle Personen, die Tiere treiben, versorgen, betäuben, entbluten und einhängen, ausreichend geschult sind. Denn nur so lassen sich ein tierschutzkonformer Umgang und sichere Prozessabläufe gewährleisten. Zu diesem Zweck gibt es entsprechende Sachkundeprüfungen und regelmäßigen Schulungen. Darüber hinaus fordert die Gesetzgebung die Verwendung geeigneter und regelmäßig geprüfter Gerätschaften.
Wer kontrolliert die Prozesse am Schlachthof?
Was sind Großvieheinheiten?
Eine GV entspricht 500 Kilogramm. Das ist in etwa so viel wie das Gewicht von 1,2 Milchkühen oder sieben schlachtreifen Mastschweinen.
Schlachthöfe, in denen jährlich mehr als 1.000 Großvieheinheiten (GVE, siehe Infokasten) Säugetiere oder 150.000 Stück Geflügel oder Kaninchen geschlachtet werden, müssen eine Tierschutzbeauftragte oder einen Tierschutzbeauftragten zur Überprüfung der Einhaltung der Tierschutzvorgaben auf dem Betrieb benennen.
Die Tierschutzbeauftragten kontrollieren alle tierschutzrelevanten Vorgänge im Betrieb und müssen ebenfalls einen Sachkundenachweis vorweisen. Die Eigenkontrollen der Schlachtbetriebe werden wiederum durch amtliche Tierärzte kontrolliert.
Was wird getan, um den Tierschutz in Schlachthöfen zu verbessern?
Tierschutzorganisationen haben in den vergangenen Jahren bundesweit zahlreiche Fälle aufgedeckt, die einen nicht tierschutzkonformen Umgang mit Schlachttieren in den betreffenden Schlachthöfen belegen. Dabei handelte es sich sowohl um große als auch kleine Schlachtbetriebe.
Aufgrund der Vielzahl der Vergehen gibt es Zweifel an einer ausreichenden und adäquaten Kontrolle des Tierschutzes auf Schlachthöfen. Einige Betriebe arbeiten aus diesem Grund freiwillig mit einer Videoüberwachung. Die flächendeckende Einführung von Kamerasystemen in den tierschutzsensiblen Bereichen von Schlachthöfen wird von Tierschutzverbänden gefordert und Stimmen aus der Fleischbranchen unterstützt.
Neben der Videoüberwachung sind aus Sicht der Tierschutzbeauftragten der Bundesregierung noch weitere Schritte nötig, um den Tierschutz in Schlachtbetrieben zu verbessern (siehe Infokasten).
Forderungen der Tierschutzbeauftragten der Bundesregierung
Für die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung, Ariane Kari, ist die verpflichtende Einführung eines kameragestützten Überwachungssystems "lediglich ein Puzzleteil zur Verbesserung des Tierschutzes an Schlachthöfen." Sie fordert weiterhin in einer Stellungnahme, dass Arbeitsvorgänge, die in Zusammenhang mit lebenden Tieren stehen, nicht mehr per Akkordlohn bezahlt werden dürften. Dadurch entstünde erheblicher Zeitdruck, der sich negativ auf den Umgang mit den Tieren auswirke.
Weiterhin sollten Maßnahmen ergriffen werden, die der sogenannten "Compassion fatigue" entgegenwirken. Diese Mitgefühlsmüdigkeit sei bei Schlachthofpersonal zu beobachten.
Nicht zuletzt sei die Einführung eines Rotationssystems der Amtsveterinäre zielführend, um eine "möglichst neutrale und unvoreingenommene Beurteilung der Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen auf Schlachthöfen zu gewährleisten." Durch den Einsatz an unterschiedlichen Schlachthöfen könne der Entstehung von persönlichen Kontakten und Vertrautheit zwischen kontrollierenden Veterinären, Schlachthofbetreibern und Mitarbeitenden und einer dadurch ggf. bedingten höheren Hemmschwelle zur Ahndung von Verstößen entgegengewirkt werden.
Wieso stehen einige Betäubungsmethoden seit Jahren in der Kritik?
Schweine werden in Deutschland in den meisten Fällen mit CO2 betäubt. Insbesondere in Großschlachtereien kommt diese Methode zur Anwendung, weil mit ihr ganze Gruppen von Tieren gleichzeitig betäubt werden können, was den Prozess beschleunigt.
Das CO2-Verfahren steht jedoch bereits seit einigen Jahren in der Kritik, da die Schweine das Gas erst eine gewisse Zeit – bis zu 30 Sekunden – einatmen müssen, bis die Betäubungswirkung einsetzt. Während dieser Zeit leiden die Tiere unter Erstickungserscheinungen.

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Alternative Verfahren mit den Gasen Argon oder Helium werden aus Tierschutzsicht als günstiger beurteilt, sind aber nicht praxistauglich. Bei Versuchen mit Argon traten Schlachtkörperschäden auf. Bei Helium ist das Problem, dass es nur sehr begrenzt verfügbar ist. Derzeit laufen an verschiedenen Forschungseinrichtungen Versuche mit Gasgemischen, die das Tierleid mindern sollen und gleichzeitig praxistauglich sind.
Die Elektrobetäubung bei Schweinen wirkt (bei sachgemäßer) Anwendung schneller als die CO2-Betäubung. Doch auch die Elektrobetäubung ist aus Tierschutzsicht nicht unproblematisch; denn die Zuführung der Tiere erfolgt über Einzeltreibgänge. Die Tiere müssen dazu vereinzelt und somit aus der Gruppe isoliert werden, was zu einer höheren Stressbelastung für die Tiere führt.
Auch die Elektro-Wasserbadbetäubung bei Geflügel ist aus Tierschutzsicht kritisch zu beurteilen. Zum einen führt das Einhängen der noch lebenden Tiere kopfüber in die Haltevorrichtungen zu Stress, Schmerzen und nicht selten auch Verletzungen bei den Tieren. Zum anderen ist die Fehlbetäubungsrate recht hoch, da kleinere Tiere und solche, die ihren Kopf reflexartig vom Wasser wegbewegen nicht betäubt werden.
Bei Hühnern und Puten kommt heute daher vermehrt die mehrstufige CO2-Betäubung zur Anwendung, die in Sachen Tierschutz zufriedenstellender ist, da die Tiere nicht schon vorher lebendig in die Haltevorrichtungen eingehängt werden und die Fehlbetäubungsrate geringer ist. Tierschutzverbände kritisieren jedoch, dass die stufenweise CO2-Betäubung auch bei Geflügel zu Erstickungsreaktionen führe. Gemische mit anderen Edelgasen könnten hier für Abhilfe sorgen.
Welche Alternativen zur Schlachtung am Schlachthof gibt es?
Mit der sogenannten Weideschlachtung und hofnahen Schlachtung gibt es Alternativen, die den Tieren Stress ersparen.
Kann ich beim Einkauf feststellen, wie und wo ein Tier geschlachtet wurde?
Allein anhand der Verpackungsangaben genau nachzuvollziehen, wie und wo ein Tier geschlachtet wurde, ist schwierig. Die Verpackungsangaben bieten zwar einige Informationen, jedoch sind sie oft nicht detailliert genug, um den gesamten Schlachtprozess transparent darzustellen.
Die Herkunftskennzeichnung gibt Auskunft darüber, in welchem Land ein Tier geschlachtet wurde. Außerdem tragen Fleischprodukte in der Regel ein ovales Identitätskennzeichen (EU-Zulassungsnummer). Dieses enthält Informationen zum Land und zur Betriebsnummer des Schlachthofs oder der Verarbeitungsstätte, zum Beispiel "DE" für Deutschland, gefolgt von einer Zahl, die den konkreten Betrieb identifiziert. Mit dieser Information lässt sich theoretisch nachvollziehen, in welchem Betrieb das Fleisch verarbeitet wurde, allerdings ist dies für Verbraucherinnen und Verbraucher ohne weitere Recherche schwierig.
Es gibt keine Label, die Informationen darüber enthalten, wie ein Tier vor der Schlachtung betäubt wurde. Regionale Anbieter von Fleisch, Bauernmärkte oder Hofläden bieten oft mehr Transparenz, da man hier direkt erfragen kann, wo und wie die Tiere geschlachtet wurden.
Weitere Informationen
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA): Tierschutz bei der Schlachtung