Was ist ein Nebenerwerbslandwirt?
Letzte Aktualisierung: 13. Juni 2025
Über die Hälfte der landwirtschaftlichen Familienbetriebe in Deutschland wird im Nebenerwerb geführt. Doch was bedeutet das eigentlich?

In Kürze
- Über die Hälfte der landwirtschaftlichen Familienbetriebe in Deutschland werden im Nebenerwerb geführt.
- Nebenerwerbslandwirte verdienen den Großteil ihres Einkommens außerhalb der Landwirtschaft.
- Gründe für den Nebenerwerb sind oft Strukturwandel, Traditionsbewusstsein oder fehlende Rentabilität.
- Nebenerwerb kann zur Entlastung dienen – oder langfristig zur Aufgabe des Betriebs führen.
Als Nebenerwerbsbetrieb bezeichnet man in der Landwirtschaft einen Familienbetrieb, in dem weniger als die Hälfte des Einkommens mit der Landwirtschaft erwirtschaftet wird. Maßgeblich ist dabei das Einkommen des Betriebsinhabers beziehungsweise Betriebsinhaberpaares. Der überwiegende Teil des Einkommens wird also außerhalb der Landwirtschaft verdient.
Nebenerwerb überwiegt
54 Prozent aller landwirtschaftlichen Familienbetriebe in Deutschland werden im Nebenerwerb bewirtschaftet (Stand 2023). Zwischen den Bundesländern gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede: So liegt der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe in Schleswig-Holstein bei 41 Prozent, während in Hessen und Baden-Württemberg 67 Prozent der Familienbetriebe im Nebenerwerb bewirtschaftet werden. Alle Nebenerwerbsbetriebe zusammen bewirtschaften rund 18 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland.
Warum Nebenerwerb?
Die Entwicklung der Nebenerwerbslandwirtschaft ist eng mit dem landwirtschaftlichen Strukturwandel der letzten Jahrzehnte verwoben. Viele Bauernfamilien, deren betriebliche Einkommensgrundlage zu gering ist, stehen vor der Entscheidung, mit erheblichen Kosten in neue Ställe oder eine bessere Vermarktung zu investieren, Mitarbeitende einzustellen oder Flächen zu pachten. Ohne diese Wachstumsschritte ist für viele Familien kein ausreichendes Einkommen mehr zu erwirtschaften. Um nicht komplett aus der Landwirtschaft aussteigen zu müssen, bewirtschaften sie ihre Betriebe oft im Nebenerwerb.
Viele machen dies aus Traditionsbewusstsein, Liebe zum Beruf oder um für ein inner- oder außerbetriebliches Zusatzeinkommen weiterhin landwirtschaftlich tätig sein zu können. Das reicht von der Gästebeherbergung und -bewirtung, Direktvermarktung oder der Führung von Schulklassen bis hin zur Mitarbeit im Maschinenring oder einfach nur der außerbetrieblichen Tätigkeit in einem anderen Unternehmen.
Nebenerwerb ist oft mit einer sehr hohen Arbeitsbelastung verbunden. Die nächste Generation steigt dann unter Umständen aus, weil sich ihre Erwartungen an Freizeit, Urlaub oder Fortbildung an Freunden und Bekannten aus der eigenen Altersgruppe orientieren oder weil über Jahre hinweg keine wirtschaftliche Verbesserung eingetreten ist und Vermögensverluste stattgefunden haben.
Nebenerwerb kann daher ein Zwischenstadium zu einer rechtzeitigen Betriebsaufgabe sein. Ein Automatismus ist das aber keineswegs. Es gibt auch Regionen, in denen die Fläche, die von Nebenerwerbsbetrieben bewirtschaftet wird, sogar wächst.