Was versteht man unter Agrophotovoltaik?
Letzte Aktualisierung: 2. September 2025
Die Agrophotovoltaik verbindet die Erzeugung von Strom- und Lebensmitteln. Die Entwicklung steht in Deutschland noch am Anfang.

Quelle: Universität Hohenheim
In Kürze
- Agrophotovoltaik nutzt landwirtschaftliche Flächen gleichzeitig zur Strom- und Lebensmittelproduktion.
- Versuche zeigen eine Steigerung der Landnutzungseffizienz um bis zu 200 %, da Flächen doppelt genutzt werden.
- Bereits vier Prozent der Agrarflächen könnten den Strombedarf Deutschlands decken.
- Je nach Nutzung (Grünland, Acker, Obst, Wein) sind unterschiedliche Anlagentypen notwendig, um Erträge zu optimieren und Maschinenbetrieb zu ermöglichen.
- Beschattung kann Erträge mindern, bietet aber in heißen und trockenen Regionen Vorteile.
- Hohe Investitionskosten machen eine sorgfältige Planung erforderlich.
Agrophotovoltaik verbindet die Stromerzeugung mit Solaranlagen und die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen. Dafür werden über Äckern, Wiesen, Obst- oder Weinbauflächen halbdurchlässige Solarmodule installiert, während die Fläche darunter ganz normal bewirtschaftet wird.
Durch diese Doppelnutzung können Flächen gleichzeitig zur Erzeugung von Lebensmitteln und Strom genutzt werden. In Versuchsanlagen konnte damit die sogenannte Landnutzungseffizienz auf bis zu 200 Prozent gesteigert werden. Dabei setzte man die Erlöse von doppeltgenutzten Flächen mit Kontrollflächen ins Verhältnis, auf denen nur Solaranlagen oder Nutzpflanzen standen.
Potenzial für Energieversorgung
Für landwirtschaftliche Betriebe kann die Agrophotovoltaik deshalb eine interessante zusätzliche Einkommensquelle sein. Zudem bietet sie auch großes Potenzial für die Energieversorgung in Deutschland. Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zufolge müssten hierzulande auf rund vier Prozent der Agrarflächen Agrophotovoltaik-Anlagen installiert werden, um den aktuellen Strombedarf Deutschlands decken zu können. Ein vergleichsweise kleiner Anteil, doch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass fast die Hälfte der Fläche Deutschlands landwirtschaftlich genutzt wird, entspräche das einer Fläche von der zweieinhalbfachen Größe des Saarlands.
Allerdings befindet sich die Agrophotovoltaik in Deutschland noch überwiegend in der Erprobungsphase. Die Ergebnisse einer Studie von 2024 zeigen, dass hierzulande bis März 2023 21 Agri-Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 81,67 Megawatt Peak installiert wurden. Dagegen gibt es zum Beispiel in Japan schon rund 3.500 installierte Anlagen in der Praxis, auf einer Fläche von etwa 870 Hektar.
Anlage muss zur Kultur passen
Je nach Nutzungsart der Fläche gibt es unterschiedliche Anlagen-Typen. Auf Grünland genügen bodennahe Module, unter denen zum Beispiel Rinder oder Schafe weiden können. Auf Ackerflächen sind hochaufgeständerte Anlagen mit mehreren Metern Höhe notwendig, damit auch große Maschinen wie Traktoren oder Mähdrescher eingesetzt werden können. Für den Obst- und Weinbau gibt es bereits Anlagen, die gleichzeitig als Schutz vor Hagel und schweren Niederschlägen dienen.
Eine weitere Form der Agrophotovoltaik nutzt senkrecht montierte, zweiseitig aktive Solarmodule, die nach Osten und Westen ausgerichtet sind und so vor allem morgens und abends Strom erzeugen. Die Flächen zwischen den Modulreihen bleiben für Landwirtschaft nutzbar, da genügend Abstand für Ackerbau oder Weidewirtschaft eingehalten wird.

Quelle: BLE / Marlene Prinz
Beschattung kann Erträge vermindern
Die Solarmodule führen allerdings zu einer stärkeren Beschattung der darunter liegenden Flächen, auf die einige Kulturen mit Ertragseinbußen reagieren. Vor allem bei Mais, Soja und Kartoffeln können die Erträge in Jahren mit wenig Einstrahlung deutlich zurückgehen. Deshalb besteht beim Bau einer Anlage die größte Herausforderung darin, einen guten Kompromiss zwischen Stromerzeugung, Kultur und Pflanzenwachstum zu finden, zum Beispiel, indem der Abstand zwischen den Modulen vergrößert wird oder durch die Wahl beschattungstoleranter Pflanzen.
Manchmal wachsen Pflanzen besser
Andere Kulturen wie Obst und Wein profitieren sogar von einer gewissen Beschattung und erreichen höhere Erträge unter Solarmodulen. Auch bei Kulturen wie Getreide oder Kartoffeln sind Ertragsvorteile zu beobachten, wenn nur 30 Prozent der Fläche beschattet wird und die Witterung besonders heiß und trocken ist. Denn der Schatten verringert die Wasserverluste und sorgt für niedrigere Bodentemperaturen.
Deshalb sehen Fachleute das größte Potenzial für Agrophotovoltaikanlagen in sommertrockenen Gebieten. In Anbetracht des Klimawandels können Solarmodule also nicht nur regenerative Energie erzeugen, sondern auch Pflanzen vor Hitze und Trockenheit schützen.
Niederschläge werden schlechter verteilt
Neben der Strahlung beeinflussen die Solarmodule auch die Verteilung des Niederschlags auf den Flächen. Auch das muss bei der Planung der Anlage berücksichtigt werden, etwa bei der Anordnung, der Neigung und der Größe der einzelnen Module. Auch Anlangen zur Gewinnung und Verteilung von Regenwasser können sinnvoll sein.
Für landwirtschaftliche Betriebe ist der Aufbau einer Agrophotovoltaikanlage mit großen Investitionen verbunden. Denn anders als bei Anlagen auf Freiflächen ohne landwirtschaftliche Nutzung müssen zum Teil aufwändige Fundamente und Tragekonstruktionen gebaut werden. Auch die halbdurchlässigen Solarmodule sind teurer in der Anschaffung als Standardmodule für Dächer und Freiflächenanlagen. Zudem erfordert der Aufbau eine gute Planung, weil die Anlage auf die angebauten Kulturen zugeschnitten sein muss.
Stromnutzung auf Betrieb bringt Vorteile
Die Wirtschaftlichkeit einer Agrophotovoltaik-Anlage hängt vor allem vom Stromertrag ab. Für den Bau einer Anlage erhalten Betriebe nach dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine Förderung. Grundsätzlich gelten die gleichen Einspeisevergütungen wie bei normalen Photovoltaikanlagen auf Dächern.
Nur bei aufgeständerten Anlagen ist ein zusätzlicher Aufschlag von 1,2 Cent pro Kilowattstunde vorgesehen, um die Mehrkosten für die Konstruktion zu berücksichtigen. Durch die gestiegenen Strompreise wird es für Betriebe auch zunehmend interessanter, den Strom selbst zu nutzen, etwa für Melkanlagen oder zum Aufladen von Elektrofahrzeugen auf dem Hof.
Hinzu kommen die Fortschritte in der Effizienz von Solaranlagen. Während die heutigen Module etwa einen Hektar Fläche pro Megawattstunde benötigen, werden nach Schätzungen des Umweltbundesamtes für die gleiche Strommenge im Jahr 2030 nur noch 0,7 Hektar benötigt.
Weitere Informationen
Fraunhofer-Institut: Agri-Photovoltaik als Chance für Landwirtschaft und Energiewende
Versuchsergebnisse des Fraunhofer-Instituts zur Agrophotovoltaik
Ökolandbau.de: Agrophotovoltaik - Acker und Solarenergie optimal kombinieren
Praxis-agrar.de: Agri-Photovoltaik: Stromerzeugung und Nutzpflanzenbau auf einem Acker Agri-PV
BMLEH: Informationen zu Agri-PV
Praxis-agrar.de: Wie viel Strom kann mit erneuerbaren Energien auf einem Hektar erzeugt werden?