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Was verdienen Landwirtinnen und Landwirte?

Landwirtinnen und Landwirte arbeiten im Durchschnitt mehr als andere Berufsgruppen, verdienen aber meist weniger.

Trotz überdurchschnittlicher Arbeitszeit kommen die viele Landwirtinnen und Landwirte nur auf ein unterdurchschnittliches Einkommen.
Quelle: Wicki58 via Getty Images

Beschäftigte in der Landwirtschaft arbeiten viel. Im Schnitt kommen landwirtschaftliche Vollzeit Arbeitskräfte auf 48,8 Wochenstunden und haben damit laut Statistischem Bundesamt mit Abstand die längsten Arbeitszeiten unter allen deutschen Berufsgruppen. Der Durchschnitt liegt bei 41,4 Wochenstunden.

Aber verdienen Landwirtinnen und Landwirte auch mehr als andere Berufsgruppen, oder zumindest genauso viel?

Um diese Frage beantworten zu können, muss man erst einmal unterscheiden zwischen selbstständig tätigen Landwirtinnen und Landwirten und solchen, die angestellt sind. Die aktuellsten Zahlen dazu gibt es vom Statistischen Bundesamt: 2018 waren von insgesamt 564.000 Erwerbstätigen in der Landwirtschaft rund 57 Prozent angestellt tätig. Die übrigen 43 Prozent arbeiteten selbstständig.

Wie wird der Vergleichslohn errechnet?

Für die Berechnung des Vergleichslohns werden alle landwirtschaftlichen Einzelunternehmen – das sind knapp 90 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe – herangezogen, die den Betrieb im Haupterwerb führen. Betriebswirtschaftlich gesehen bedeutet Haupterwerb: Es arbeitet mindestens eine Vollarbeitskraft auf dem Betrieb und der Erlös aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen liegt bei über 50.000 Euro pro Jahr.

Von dem durchschnittlichen Gewinn der Einzelunternehmen werden der Zinssatz für das Eigenkapitel und ein angemessener Betriebsleiterzuschlag abgezogen. Das Saldo ergibt den Vergleichslohn.

Einkommen von Angestellten weit unter dem Durchschnitt

Angestellte in der Landwirtschaft verdienen in Deutschland etwa die Hälfte von dem, was der Durchschnittsangestellte verdient. Der durchschnittliche Bruttolohn über alle Berufs- und Tarifgruppen in Deutschland betrug 2018 laut Statistischem Bundesamt 35.922 Euro. Angestellte Beschäftigte in der Landwirtschaft erhielten im gleichen Jahr dagegen nur einen durchschnittlichen jährlichen Bruttolohn von 18.078 Euro. In den Vorjahren war der Unterschied vergleichbar.

Einkommen von Selbstständigen höher, dafür aber stark schwankend

Wie sieht es bei den selbstständigen Landwirtinnen und Landwirten aus? Ein direkter Vergleich mit den Angestellten ist schwierig, da man den Gewinn landwirtschaftlicher Unternehmerinnen und Unternehmer nicht eins zu eins mit dem Bruttolohn von Angestellten vergleichen kann. Um einen vergleichbaren Einkommenswert zu erhalten, hat das Bundeslandwirtschaftsministerium daher einen Vergleichslohn entwickelt. Dieser wird im Agrarpolitischem Bericht der Bundesregierung veröffentlicht, der alle vier Jahre erscheint.

Laut dem letzten Agrarpolitischen Bericht von 2019 erhielten selbstständige Landwirtinnen und Landwirte im Wirtschaftsjahr 2017/2018 einen Vergleichslohn von rund 34.095 Euro im Jahr. Damit liegt ihr Einkommen zwar weit über dem der landwirtschaftlich Angestellten, aber noch unter dem durchschnittlichen deutschen Bruttolohn.

Vergleicht man die Durchschnittslöhne der Angestellten für das Jahr 2019, erhalten die in der Landwirtschaft tätigen Angestellten weniger als die Hälfte des Durchschnittslohns aller Angestellten.

 

Bruttolohn und Arbeitszeit in und außerhalb der Landwirtschaft im Vergleich

  Angestellte in der Landwirtschaft Selbständige in der Landwirtschaft Durchschnitt aller Angestellten
Durchschnittliches Einkommen pro Jahr 18.256 Euro* 34.095 Euro** 36.995 Euro*
Durchschnittliche Arbeitszeit pro Woche 48,8 Stunden*** 41,4 Stunden***
* Bruttolohn laut Inlandsproduktberechnung des Statistischen Bundesamtes, Fachserie 18 Reihe 1.4, Bezugsjahr 2019
** Eigene Berechnung aus Vergleichslohn, erhoben durch das Bundeslandwirtschaftsministerium im Rahmen der Vergleichsrechnung für Haupterwerbsbetriebe (Einzelunternehmen) nach § 4 LwG, Wirtschaftsjahr 2017/2018
*** Ergebnis der Arbeitskräfteerhebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2018
Gewinne, die z.B. aus der Biogaserzeugung stammen, fließen nicht in den Vergleichslohn ein.
Quelle: Jan-Otto via Getty Images

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass der Aussagewert des Vergleichslohns heute kritisch gesehen wird. Ein Hauptkritikpunkt ist, dass in diesem Wert nur das Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit gewertet wird. Immer mehr Betriebe erzielen heute jedoch zusätzlich Einkommen außerhalb der Landwirtschaft, zum Beispiel aus Vermietung von Ferienwohnungen, der Energieerzeugung (Photovoltaik oder Biogas) oder anderem. Diese zusätzlichen Einkommen werden im Vergleichswert nicht berücksichtigt. Insofern ist der Vergleichslohn wohl eher als grober Anhaltspunkt zu werten und dient weniger dem differenzierten Einkommensvergleich mit anderen Berufsgruppen.

Gewinne landwirtschaftlicher Unternehmen schwanken stark

Die Einkommen selbstständiger Landwirtinnen und Landwirte unterliegen starken jährlichen Schwankungen (siehe Grafik). Das hat folgenden Grund: Die Preise, die ein landwirtschaftlicher Betrieb für einen Liter Milch oder ein Kilo Fleisch erzielen kann, verändern sich ebenso von Jahr zu Jahr wie die Preise für Saatgut, Dünger, Futtermittel und Energie.

Dadurch kommt es auch zwischen den verschiedenen Betriebsformen, das heißt Ackerbau, Milchvieh oder Tiermast, immer wieder zu unterschiedlichen Betriebsgewinnen. So erzielten beispielsweise die Milchviehbetriebe im Wirtschaftsjahr 2017/2018 die höchsten Gewinne, drei Jahre zuvor war die Milcherzeugung dagegen die Betriebsform mit dem geringsten Einkommen (siehe Grafik). Der Grund dafür war die Milchpreiskrise in jener Zeit.

Auch die Frage, ob auf einem Betrieb ökologisch oder konventionell gewirtschaftet wird, kann einkommensentscheidend sein: Sowohl im Wirtschaftsjahr 2016/2017 als auch 2017/2018 erzielten Öko-Betriebe ein höheres Einkommen als konventionelle (siehe Grafik).

Von Bundesland zu Bundesland können die Einkommen ebenfalls sehr unterschiedlich ausfallen (siehe Grafik). Das liegt zum einen daran, dass die regionale Verteilung der Betriebe nach Betriebsformen und Größenklassen in Deutschland nicht einheitlich ist. Hinzu kommen die unterschiedlichen natürlichen Ertragsbedingungen (Bodengüte, Wetter usw.).

Unabhängig von den genannten Faktoren entscheidet letzten Endes aber vor allem die unternehmerische Fähigkeit des Betriebsleiters oder der Betriebsleiterin darüber, wie gut oder schlecht ein Betrieb wirtschaftet.

Staatliche Zuschüsse: Wie hoch ist der Anteil am landwirtschaftlichen Einkommen?

Staatliche Zuschüsse machen heute einen bedeutenden Anteil der betrieblichen Erträge landwirtschaftlicher Unternehmen aus. Im Wirtschaftsjahr 2017/2018 lag der Anteil bei 46 Prozent. Ohne staatliche Zuschüsse würden viele landwirtschaftliche Betrieb demnach nicht existieren können.

Sogenannte Nebenerwerbsbetriebe bestreiten mit 92 Prozent sogar den größten Teil ihres landwirtschaftlichen Einkommens über die Beihilfen. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei Nebenerwerbslandwirtinnen und -landwirten nur der kleinere Teil des Einkommens aus der Landwirtschaft stammt. Die Haupteinkommensquelle ist die außerlandwirtschaftliche Erwerbstätigkeit.

Unklar ist allerdings, welcher Anteil der Zuschüsse bei den Landwirtinnen und Landwirten verbleibt. Expertinnen und Experten sind sich einig, dass ein Großteil der staatlichen Zahlungen vor allem über die Flächenpacht an die Bodenbesitzerinnen und -besitzer durchgereicht wird.

Können sich Landwirtinnen und Landwirte gegen plötzliche Verdienstausfälle absichern?

Gegen Dürreschäden können Landwirtinnen und Landwirte sich versichern.
Quelle: kerrick - via Getty Images

Angestellte Landwirtinnen und Landwirte sind wie alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland über die Arbeitslosenversicherung vor Verdienstausfällen geschützt. Bei selbstständigen Landwirtinnen und Landwirten ist das anders. Als Unternehmerinnen und Unternehmer müssen sie eigenständig für ihre Existenzsicherung sorgen.

Gegen manche Risiken können sich landwirtschaftliche Betriebe jedoch versichern: So zum Beispiel gegen Schäden durch Tierseuchen, Hagel, Starkregen oder neuerdings auch gegen Dürreschäden. Und auch im Krankheitsfall können sich selbstständige Landwirtinnen und Landwirte übergangsweise durch Betriebshelferinnen und -helfer ersetzen lassen. Gegen alles andere helfen dagegen meist nur finanzielle Rücklagen.

Welche Auswirkungen die aktuelle Corona-Krise auf die landwirtschaftlichen Betriebe hat, ist derzeitig schwer zu beziffern. Definitiv betroffen sind die Gemüse- und Obsterzeugerinnen und -erzeuger, die auf Erntehelferinnen und -helfer aus dem Ausland angewiesen sind. Sollten sie nicht genügend Helferinnen und Helfer finden, kann es zu hohen Gewinnverlusten kommen. Solche Betriebe sind wie die Großzahl der anderen Unternehmen in Deutschland auf finanzielle Notfallprogramme der Bundesregierung angewiesen.

Letzte Aktualisierung: 27. Oktober 2021


Weitere Informationen

Praxis-agrar.de: Was verdienen Landwirte in Deutschland?

Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL): Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2019

Thünen-Institut: Einkommen in der Landwirtschaft


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