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Wie werden Speisepilze angebaut?

Wild gesammelte Speisepilze sind heute die Ausnahme. Die meisten Pilze werden professionell kultiviert: in Deutschland vor allem Champignons.

Austernpilz-Fruchtkörper an einem Substratblock
Kulturpilze werden immer beliebter in Deutschland. Neben dem Champignon gibt es heute auch weniger bekannte Arten wie zum Beispiel den Austernseitling (hier im Bild) zu kaufen.
Quelle: Ulrich Groos

Rund zwei Kilogramm frische Speisepilze isst jede Person in Deutschland jährlich. Weltweit gesehen befinden wir uns damit eher am unteren Ende der Skala. An der Spitze liegen asiatische Länder – allen voran China und Japan. Dort werden im Schnitt etwa sechs Kilogramm Speisepilze pro Jahr und Person verzehrt.

Pilze sind zwar nicht die Lieblingsspeise der Deutschen, gewinnen aber zunehmend an Beliebtheit. Der absolute Nummer-eins-Pilz – schon seit vielen Jahren – ist der Champignon: Etwa 90 Prozent aller hierzulande verzehrten Pilze sind Champignons. Wildpilze wie Pfifferlinge und Steinpilze haben einen Anteil von etwa fünf Prozent. Die restlichen fünf Prozent setzen sich zusammen aus verschiedenen Edelpilzen, zu deren bekannteren Vertretern der Kräuterseitling, der Austernseitling und der Eichenpilz (Shiitake) gehören.

Zum Vergleich: In Asien haben die Edelpilze einen Marktanteil von über 95 Prozent. Dort bilden die Champignons eine Nische mit weniger als fünf Prozent.

Wild gesammelte Speisepilze sind heute die Ausnahme

Die meisten Pilze werden heute professionell kultiviert. Unter den wild gesammelten Pilzen haben nur noch der Pfifferling und der Steinpilz mengenmäßig größere Bedeutung auf dem deutschen Markt.

Pfifferling auf Waldboden in Nahaufnahme
Pfifferlinge gehören zu den wenigen Pilzarten, die auch heute noch wild gesammelt werden.
Quelle: stefanholm via Getty Images

Laut Statistischem Bundesamt wurden 2023 rund 4.281 Tonnen Pfifferlinge und 141 Tonnen Steinpilze gehandelt – hauptsächlich importiert aus Osteuropa. Hierzulande ist das kommerzielle Sammeln von Wildpilzen gesetzlich verboten.

Gesammelt werden diese beiden Pilzarten auch deswegen, weil es sehr spezielle Pilzarten (Mykorrhiza-Pilze) sind, deren Kultur nur mit großem Aufwand möglich ist.

Eine sehr kleine Menge an Wildpilzen fällt in Deutschland im Rahmen von Hobbysammlungen an. Das Sammeln für den privaten Gebrauch ist erlaubt.

Champignon ist Kulturpilz Nummer eins

Der allergrößte Teil der in Deutschland gehandelten Speisepilze wird heute unter professionellen Bedingungen kultiviert. Allein in Deutschland wurden 2023 rund 80.000 Tonnen Speisepilze angebaut. Hinzu kommen noch rund 85.000 Tonnen an importierten Kulturspeisepilzen.

Unter den in Deutschland angebauten Kulturpilzen machen die Champignons mit knapp 98 Prozent den größten Teil aus. Die restlichen zwei Prozent sind Edelpilze. Diese selteneren Kulturpilze gewinnen seit Anfang der 1980er-Jahre zunehmend an Bedeutung in Deutschland. Zunächst waren es vor allem der Austernseitling und der Eichenpilz (Shiitake), mittlerweile spielt mengenmäßig der Kräuterseitling die wichtigste Rolle. In geringem Umfang werden hierzulande auch weitere Arten wie Kastanien-, Limonen-, und Rosenseitling sowie Buchenpilz, Goldkäppchen, Samthaube, Laubporling und Igelpilz kultiviert.

Eine Übersicht über das Sortiment der in Deutschland kultivierten Speisepilze – mit Bildern – gibt es bei der Hessischen Landesfachgruppe Pilzbau.

Seit wann werden Speisepilze kultiviert?

Champignons auf Kompostsubstrat
Der Champignon ist der erste Kulturpilz, der in Europa kultiviert wurde.
Quelle: Thomas Stephan - BLE

Auf die Idee, Speisepilze in Kultur zu nehmen, kam man zuerst in Asien. Bereits im 11. Jahrhundert kultivierten die Chinesen Speisepilze wie das Judasohr oder den Shiitake. In Europa dauerte es diesbezüglich länger. Erst im 18. Jahrhundert begann man in Frankreich damit, den Champignon als ersten Speisepilz zu kultivieren.

Findige Gärtnerinnen und Gärtner beobachteten damals, dass dieser Pilz auf mit Pferdemist gedüngten Gemüsebeeten besonders schöne und schmackhafte Fruchtkörper hervorbrachte und begannen mit dem Anbau dieses Speisepilzes. Günstige Bedingungen für den Champignonanbau fanden sie in den Tiefen von Gewölben und Kellern: Dort war es gleichbleibend kühl, dunkel und feucht – genauso wie es der Champignon mag.

Der Anbau nahm in den folgenden Jahrzehnten immer mehr zu und der Champignon entwickelte sich zum beliebtesten Speisepilz Europas. Andere Kulturpilzarten kamen erst sehr viel später dazu.

Was sind eigentlich Pilze?

Pilze sind weder Pflanzen noch Tiere und stellen daher unter den Lebewesen dieser Erde ein eigenes Reich dar. Einer der entscheidenden Unterschiede zu Pflanzen ist: Pflanzen besitzen Chlorophyll, mit dem sie Photosynthese betreiben können. Das heißt, sie können Sonnenlicht in Energie umwandeln und somit aus dem Kohlendioxid der Luft Biomasse aufbauen.

Pilze können das nicht. Sie können nur existieren, wenn sie bereits vorhandene Biomasse aufnehmen und verstoffwechseln. Damit sind sie den Tieren näher als den Pflanzen, denn Tiere ernähren sich in ähnlicher Weise. Dem Tierreich gehören Pilze aber dennoch nicht an. Vor allem deshalb, weil sie einen anderen Zellaufbau haben. Hier sind sie den Pflanzen wiederum ähnlicher, denn sie haben wie diese zusätzlich zur Zellmembran noch eine feste Zellwand. Außerdem vermehren sich Pilze auch ganz anders als Tiere.

Das was üblicherweise als Pilz bezeichnet wird, ist nur der über dem Boden sichtbare Fruchtkörper. Der eigentliche Pilz besteht aus einem feinen weitverzweigten Fadengeflecht, dem Pilzmyzel. Die einzelnen Fäden nennt man Hyphen. Sie durchziehen den (Nähr-)Boden zur Nahrungs- und Wasseraufnahme nach allen Seiten.

Am Myzel der Pilze entstehen dickere Fäden und Stränge, an denen sich feine Knötchen bilden. Hieraus entstehen bei günstigen Bedingungen die Fruchtkörper der Speisepilze. Die Fruchtkörper haben die Aufgabe, die zur Vermehrung notwendigen Sporen zu bilden.

Wie baut man Pilze an?

Substratblöcke mit Fruchtkörpern des Kräuterseitlings stehen über- und nebeneinander in einem Regal.
Der Kräuterseitling ist ein typischer Primärzersetzer. Er wächst an Substratblöcken, die zum großen Teil aus Holz bestehen.
Quelle: Ulrich Groos

Da Pilze keine Pflanzen sind, müssen sie anders angebaut werden. Auch zwischen den Speisepilzarten gibt es teils erhebliche Unterschiede in der Lebensweise. Nicht alle Speisepilze lassen sich daher gleichermaßen gut kultivieren.

Die sogenannten Mykorrhiza-Pilze, zu denen der Steinpilz, der Pfifferling oder der Trüffel gehören, leben in einer Gemeinschaft (Symbiose) mit den Bäumen ihrer Umgebung. Über die Wurzeln dieser Bäume beziehen sie ihre "Nahrung". Das macht die Kultivierung und die kommerzielle Nutzung äußert schwierig. Daher werden diese Pilze wild gesammelt.

Sehr gut kultivieren lassen sich dagegen Speisepilze der Gruppe der Saprophyten. Sie ernähren sich von abgestorbener organischer Substanz. Das heißt sie zersetzen Proteine, Kohlenhydrate oder Lignin von alten Bäumen und Pflanzen. Die Saprophyten lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Die Primärzersetzer und die Sekundärzersetzer.

Primärzersetzer sind in der Lage, totes Holz und Stroh direkt als Nahrungsgrundlage zu verwenden. Zu diesen Pilzen zählen Austernseitling, Kräuterseitling oder Shiitake.

Die Sekundärzersetzer können Substrate wie Holz und Stroh erst dann für sich nutzbar machen, wenn sie zuvor von Mikroorganismen aufgeschlossen wurden. Sie leben daher besonders gut auf Kompost oder Kompostsubstraten - wie der Champignon.

Kultiviert wird in speziellen Kulturräumen

Champignon-Fruchtkörper wachsen dicht nebeneinander in mehreren Beeten übereinander im Kompostsubstrat
Der Champignon ist ein typischer Vertreter der Sekundärzersetzer. Er wird auf Kompostsubstraten kultiviert.
Quelle: Ulrich Groos

Grundsätzlich würden alle Kulturpilzarten unter freiem Himmel wachsen. Viele von ihnen sind in Sachen Licht, Temperatur oder Luftfeuchte jedoch sehr anspruchsvoll. Sie haben ein sehr enges Spektrum, in dem sie sich wohl fühlen und gut gedeihen. Um die Bedingungen optimal steuern zu können, werden Kulturspeisepilze daher überwiegend unter kontrollierten Bedingungen in speziellen Kulturräumen angebaut.

In solchen Anlagen kann auch besser auf die notwendige Sauberkeit und Hygiene geachtet werden. Denn im Pilzanbau ist es sehr wichtig, dass keine fremden Sporen oder Keime in die Anlagen geraten. Erkranken die Pilzkulturen oder kommt es zu unerwünschter Schimmelbildung, ernten die Anbauer weniger oder gar nichts. Pflanzenschutzmittel – wie man sie aus dem Gartenbau kennt, gibt es im Pilzanbau nicht.

Champignons wachsen meist in mehreren Beeten übereinander – Stellagen nennt man diese Beetformen. Pilze wie Kräuterseitling oder Shiitake wachsen an Substratblöcken, die ebenfalls in Regalen stehen. Auf diese Weise kann sehr platzsparend gearbeitet werden.

Keine großen Unterschiede zwischen Öko und Konventionell

Etwa 15 Prozent aller Champignons und rund 95 Prozent aller in Deutschland produzierten Edelpilze werden ökologisch produziert. Dies liegt daran, dass die Unterschiede zwischen Konventionell und Öko im Pilzanbau sehr gering sind. Es gibt weder chemische Pflanzenschutzmittel, die zugelassen sind, noch werden mineralische Dünger verwendet.

Der entscheidende Unterschied liegt in der Herkunft der Substratbestandteile. Bei "Bio" müssen diese, soweit verfügbar, ökologischer Herkunft sein. Ökologische Pilzbauer werden, ebenso wie ihre Kollegen aus dem Pflanzenbau, einmal jährlich kontrolliert.

Welche Vorteile hat der Anbau von Kulturpilzen für Verbraucherinnen und Verbraucher?

Mann im Wald hält in der einen Hand einen Pilz, in der anderen ein Smartphone.und ein Smartphone
Nur Fachleute sollten selbst im Wald Pilze sammeln. Die Bestimmung per App reicht keinesfalls aus, um sicherzugehen.
Quelle: knape via Getty Images

Breites Angebot an Speisepilzen möglich

Durch den Anbau von Kulturpilzen kommen viele Verbraucherinnen und Verbraucher überhaupt erst in den Geschmack einer bunten Vielfalt an Speisepilzen. Denn das Sammeln von Pilzen im Wald ist nur solchen Menschen vorbehalten, die sich damit auskennen. Für unerfahrene Sammlerinnen und Sammler ist die Gefahr groß, dass auch mal ein giftiger Vertreter im Korb landet.

Frische Ware ständig verfügbar

Ein weiteres Argument für Kulturpilze ist deren ständige Verfügbarkeit: Frische Kulturpilze sind das ganze Jahr über im Handel erhältlich. Wildpilze wie Pfifferlinge oder Steinpilze sind dagegen nur in der entsprechenden Saison als Frischware verfügbar.

Kulturpilze meist frischer als Wildpilze

Da das kommerzielle Sammeln von Wildpilzen hierzulande verboten ist, kommen nahezu alle kommerziell gehandelten Wildpilze aus dem Ausland – meist Osteuropa. Aufgrund der langen Transportwege und Lagerzeiten kann es vorkommen, dass diese Pilze nicht mehr wirklich frisch sind, wenn sie bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen. Deutsche Kulturpilze haben kürzere Transport- und Lagerzeiten.

Keine Strahlenbelastung bei Kulturpilzen

In Osteuropäischen Ländern, wo viele Pfifferlinge und Steinpilze herkommen, können Wildpilze – auch mehr als drei Jahrzehnte nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl – noch eine erhöhte Strahlenbelastung aufweisen. Selbst in Deutschland weisen Wildpilze in manchen Regionen noch erhöhte Werte an Radiocäsium auf. Betroffen ist davon vor allem der Süden Deutschlands.

Aus diesem Grund empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) den Verzehr von Wildpilzen auf maximal 250 Gramm pro Woche und Person zu begrenzen. Kinder, Schwangere und Personen mit Immunschwäche sollten ganz auf den Verzehr von Wildpilzen verzichten. In Kulturpilzen gibt es keine Strahlenbelastung.

Letzte Aktualisierung: 14. September 2024


Weitere Informationen

Hessische Landesfachgruppe Pilzbau (HLP): pilzbau.de

Bund Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer (BDC) e.V.: gesunde-pilze.de


Reihe mit Hopfenreben, die an einem Drahtgerüst ranken; daneben ein Anhänger mit geernteten Hopfenreben.

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