Wiese und Weide – was sind die Unterschiede?
Je nach Standort, Klima und betrieblichen Anforderungen wird Grünland unterschiedlich genutzt. Wir erklären, was es damit auf sich hat.
Auf 4,7 Millionen Hektar beziehungsweise 28 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands betreiben Landwirtinnen und Landwirte Grünlandwirtschaft. Das heißt, sie kultivieren dort ausdauernde Gräser und anderen Pflanzen, die sie für die Fütterung ihrer Nutztiere verwenden. In aller Regel werden Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen damit gefüttert, da diese solche Pflanzen gut verdauen können.
Es gibt verschiedene Formen der Grünlandnutzung, wovon drei besondere Bedeutung haben: Die Wiese, die Weide und die Mähweide.
Wiesen
Ein besonderes Kennzeichen einer Wiese im landwirtschaftlichen Sinne ist, dass die Pflanzen, die darauf wachsen, regelmäßig abgemäht werden. Je nach Boden, Witterung und Intensität von Düngung und Pflege sind bis zu fünf Schnitte im Jahr üblich. Nach den Schnitten wird das Schnittgut entweder direkt in den Stall gefahren und dort frisch verfüttert oder für eine spätere Verfütterung – vor allem im Winter – konserviert.
Während man den Wiesenschnitt früher meist zu Heu trocknete, ist heute die Silage-Erzeugung vorherrschend. Bei dieser Form der sauerstofffreien Futterkonservierung nutzt man die Aktivität von Milchsäurebakterien – vergleichbar mit der Herstellung von Sauerkraut. Die Bakterien senken den pH-Wert durch Ausscheiden von Milchsäure so weit ab, dass das Futter haltbar wird und über Monate gelagert werden kann.
Manche Betriebe nutzen den Wiesenschnitt oder Teile davon auch als Substrat für ihre Biogasanlagen.
Weiden
Auf einer Weide lässt man die Tiere die Pflanzen direkt von der Fläche fressen. Weiden sind in der Regel eingezäunt, damit die Tiere nicht weglaufen können. Eine eingezäunte Weidefläche nennt man auch Koppel. Neben fest installierten Stacheldrahtzäunen, werden heute vielfach schnell auf- und abbaubare Elektrozäune verwendet.
Was wächst auf Wiesen und Weiden?
In aller Regel besteht der Aufwuchs einer Grünlandfläche neben verschiedenen Gräsern wie Weidelgras, Knaulgras oder Wiesenlieschgras auch immer aus krautigen Pflanzen wie Spitzwegerich und/oder Leguminosen wie Klee.
Bei der reinen Weidenutzung sind zwei bedeutende Formen zu unterscheiden: die Standweide und die Umtriebsweide. Bei der Standweide stehen die Tiere lange auf ein und derselben Koppel. Bei der Umtriebsweide hingegen wechseln die Tiere die Koppel nach einigen Tagen, indem sie umgetrieben werden. Eine besonders intensive Form der Umtriebsweide ist die Portionsweide, bei der die Tiere täglich oder sogar halbtäglich mithilfe von Elektrozäunen auf Koppelbereiche mit frischem Aufwuchs umgetrieben werden.
Der Vorteil der Umtriebs- oder Portionsweide ist, dass den Tieren stets bestes Weidefutter angeboten werden kann. Durch die kurzzeitige Zuteilung sind die Tiere gezwungen, den Aufwuchs in sehr kurzer Zeit zu fressen. Das heißt, sie können weniger selektieren, wodurch in der Regel eine bessere Ausnutzung des Futterbestands erreicht wird. Der Nachteil von Umtriebs- und vor allem Portionsweiden ist der hohe Arbeitsaufwand, der damit verbunden ist. Hier wiederum punktet die Standweide.
Mähweiden
Die Mähweide ist eine Mischform aus Wiese und Weide. Hierbei handelt es sich um Flächen, die sowohl gemäht als auch beweidet werden. In der Praxis bedeutet das, dass die Tiere auf diesen Flächen grasen, der Aufwuchs zu bestimmten Zeiten im Jahr aber auch mal gemäht wird, um Heu oder Silage zu gewinnen.
Hutungen und Almen
Eine Sonderform der Weidewirtschaft sind Hutungen. Hierbei weiden die Tiere ohne Einzäunung unter Aufsicht eines Hirten meist auf wenig ertragreichem und schlecht zugänglichem Weideland. Hierzulande wird diese Form der Beweidung nur noch von wenigen Wanderschäfereien vornehmlich zur Landschaftspflege betrieben.
Eine weitere Sonderform ist die Almwirtschaft. Darunter versteht man eine Weidehaltung in den Bergen während der Sommermonate.
Mehr Weiden als Wiesen in Deutschland
53 Prozent des Grünlands in Deutschland wird als Weide oder Mähweide genutzt, 42 Prozent als Wiese. Bei knapp fünf Prozent handelt es sich um ertragsarme Flächen wie Naturschutzflächen oder Hutungen.
Mehr Infos unter BMEL-Statistik: Grünland
Im Norden mehr Weiden, im Süden mehr Wiesen
In Deutschland gibt es Regionen, die eher für die Wiesenbewirtschaftung und andere, die für die Weidewirtschaft bekannt sind. In den flachen Regionen Norddeutschlands, besonders in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, überwiegen zum Beispiel die Weiden, während man in den bergigeren Gebieten Bayerns und Baden-Württembergs mehr Wiesen findet.
Das liegt zum einen am moderaten norddeutschen Klima, das insbesondere Rindern gut bekommt. Zum anderen spielen die Betriebsstrukturen eine Rolle. So kam es in Norddeutschland schon früh zu einer Aussiedlung der Betriebe aus den Dörfern, sodass mehr Fläche in Stallnähe vorhanden ist, um auch mit den gewachsenen Tierbeständen heute noch Weidehaltung betreiben zu können.
Es gibt aber auch Mischformen: In Regionen wie Hessen und Nordrhein-Westfalen sind Wiesen und Weiden zu etwa gleichen Anteilen zu finden.
Generell immer weniger Weidehaltung bei Kühen
Während Mutterkuhherden und Schafe größtenteils auf der Weide gehalten werden, wird die Weidehaltung von Milchkühen immer seltener. Nur knapp 31 Prozent der Kühe in Deutschland haben heute Weidegang. 2010 waren es noch 42 Prozent. Davon ausgenommen sind Verbands-Bio-Betriebe, bei denen ein Zugang zur Weide vorgeschrieben ist.
Letzte Aktualisierung: 12. Juni 2024