Tierische Nebenprodukte: mehr als nur Schlachtabfälle
Letzte Aktualisierung: 12. Mai 2025
In Deutschland werden die nicht essbaren Teile von Schlachttieren zum großen Teil nachhaltig verwertet – etwa als Dünger, Heimtierfutter oder Biokraftstoff.

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In Kürze
- Tierische Nebenprodukte sind nicht verwertete oder nicht essbare Teile aus der Schlachtindustrie.
- Die EU teilt tierische Nebenprodukte in drei Risikokategorien ein.
- Beim Rendering wird Protein und Fett aus den Nebenprodukten gewonnen.
- Fett und Protein werden unter anderem zur Energie- oder Biodieselgewinnung, als Dünger oder Tierfutter verwendet.
- Tierische Nebenprodukte sind eine wertvolle Ressource für die Industrie.
Bei jeder Schlachtung eines Tiers fallen verschiedene essbare Teilstücke an. Nicht alle davon werden aber gleichermaßen gerne gegessen. Deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher bevorzugen beim Schwein zum Beispiel Schnitzel, Filet, Kotelett und Schinken. Diese sogenannten Edelteile machen jedoch nur etwa die Hälfte des Tieres aus, beim Rind sogar nur ein Drittel.
Ein großer Anteil des geschlachteten Tiers wird nicht verzehrt
Laut der European Fat Processors and Renderers Association (EFPRA) wird ein Anteil von 30 bis 50 Prozent jedes landwirtschaftlichen Tiers, das für Fleisch, Milch, Eier und Fasern gehalten wird, nicht gegessen.
Weniger gefragt sind dagegen Teile wie Kopf, Beine, Füße, Schwänze und Innereien. Sie werden hierzulande kaum noch gegessen. Ein Teil wird exportiert – meist nach Asien, wo sie als Delikatesse gelten – oder, soweit das möglich ist, zu Wurstwaren weiterverarbeitet. Der weitaus größte Teil findet jedoch keine Verwendung mehr in der Lebensmittelverarbeitung. Ebenso ist es mit Großteilen von Knochen, Därmen und dem Blut der Tiere.
Diese potenziell essbaren Bestandteile vom Tier fallen zusammen mit dem, was für den menschlichen Verzehr nicht mehr geeignet ist wie Hufe, Borsten, Felle, oder Federn in Deutschland offiziell in die Kategorie "tierische Nebenprodukte".
Neben Reststoffen aus der Schlachtung gehören auch Tierkörper oder Tierteile dazu, die gesundheitliche Risiken bergen – etwa weil die Tiere krank waren oder im Zuge einer Seuchenbekämpfung vorsorglich getötet wurden.
Alle diese tierischen Nebenprodukte gelten per Gesetz als "nicht mehr für den menschlichen Verzehr bestimmt".

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Wie ist der Umgang mit "tierischen Nebenprodukte" gesetzlich geregelt?
Was im Einzelnen alles in die Gruppe der tierischen Nebenprodukte fällt und wie diese weiterverwertet werden dürfen, ist EU-weit in der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 geregelt. Diese Verordnung klassifiziert die tierischen Nebenprodukte nach dem von ihnen ausgehenden Gefahrenpotenzial in drei Kategorien.
- Kategorie 1 (hohes Risiko) umfasst zum Beispiel Körper oder Körperteile von Tieren, die im Verdacht stehen, an Seuchen wie BSE oder Scrapie erkrankt zu sein.
- Kategorie 2 (mittleres Risiko) umfasst zum Beispiel Tiere, die aufgrund von Krankheiten oder Unfällen auf dem landwirtschaftlichen Betrieb sterben oder zur Vorbeugung von Seuchen getötet werden mussten.
- Kategorie 3 (geringes Risiko) umfasst zum Beispiel Teile von Tieren, die grundsätzlich verzehrfähig wären, aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu Lebensmitteln verarbeitet werden.
In Deutschland sind Unternehmen und Organisationen entlang der gesamten Produktionskette für die fachgerechte Verwertung von tierischen Nebenprodukten verantwortlich. Landwirtschaftsbetriebe, Schlachtunternehmen sowie die Lebensmittelindustrie müssen ihre Reststoffe an zugelassene Verarbeitungsbetriebe liefern. Die Aufsicht darüber liegt bei den Landesbehörden.
Sind tierische Nebenprodukte Abfall, oder werden sie weiterverarbeitet?
Der Begriff "Schlachtabfälle" ist in der Praxis nicht mehr im Gebrauch, denn soweit möglich, werden tierische Nebenprodukte weiterverarbeitet. So hat sich ein Wirtschaftszweig entwickelt, der diese Reststoffe einer möglichst nachhaltigen Verwertung zuführt.
In sehr seltenen Fällen gehen tierische Nebenprodukte noch auf direktem Weg an spezialisierte Unternehmen, die sie weiterverarbeiten. Dies trifft in geringem Umfang zum Beispiel auf Rindsleder zu, das unter anderem in die Schuhindustrie geht, oder Hufe, die in Düngemittelfabriken zu Gartendünger weiterverarbeitet werden.
Per "Rendering" wird Fett und Protein gewonnen
Die meisten tierischen Nebenprodukte sind jedoch nicht derart direkt nutzbar und werden vor der weiteren Verwertung daher erstmal einer besonderen Behandlung zugeführt, die man in der Fachsprache als "Rendering" bezeichnet.
Bei diesem Prozess wird das tierische Material zunächst zerkleinert, sterilisiert und getrocknet. Durch die Sterilisation, also das gezielte Abtöten von Mikroorganismen, soll verhindert werden, dass von den Reststoffen noch Risiken für Mensch und Tiere ausgehen. In weiteren Verarbeitungsschritten werden dann über Fettpressen, Mühlen und Zentrifugen die Endprodukte Protein – in Form von Fleisch- und Knochenmehl – und tierisches Fett gewonnen.

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Wo findet Fett und Protein aus tierischen Nebenprodukten Verwendung?
Aus den Endprodukten Fett und Protein kann dann im Weiteren eine Vielzahl an Produkten hergestellt werden. Welche dies sind, hängt unter anderem vom Gefahrenpotenzial (siehe oben) des jeweiligen Ausgangsmaterials ab:
Risikoreiche Materialien der Kategorie 1 dürfen per Verordnung ausschließlich zur Energiegewinnung genutzt werden – entweder indem sie verbrannt oder als Biodiesel verwendet werden.
Das weniger risikoreiche Material der Kategorie 2 wird üblicherweise zur Gewinnung von Biogas und Biodiesel verwendet oder zu Düngemitteln weiterverarbeitet. Als Tierfutter darf es jedoch nicht in die Nahrungskette eingebracht werden.
Material der Kategorie 3, von dem nur noch ein sehr geringes biologisches Risiko ausgeht, steht hingegen für einen sehr breiten Anwendungsbereich zur Verfügung. Aus ihm werden Futtermittel für Nutz- und Heimtiere sowie Dünger für Landwirtschaft und Freizeitgarten gewonnen. Darüber hinaus werden aus diesen Materialien chemische Ausgangsstoffe wie Emulgatoren, Tenside, Glycerin, Fette und Öle hergestellt, die für Reinigungsmittel, Kosmetika sowie pharmazeutische Produkte eine bedeutende Rolle spielen.
Wie viel tierische Nebenprodukte fallen in Deutschland an?
Laut dem Verband der Verarbeitungsbetriebe Tierischer Nebenprodukte e. V. (VVTN) verarbeitete die Branche im Jahr 2023 rund 2,9 Millionen Tonnen tierische Nebenprodukte. Etwa 86 Prozent davon stammen aus den Schlachtbetrieben, die restlichen 14 Prozent waren Tiere, die bereits auf dem landwirtschaftlichen Betrieb gestorben sind.
Laut VVTN handelt es sich bei rund zwei Drittel der tierischen Nebenprodukte um solche der risikoarmen Kategorie 3. Das übrige Drittel sind risikoreichere Reststoffe der Kategorien 1 und 2.
Aus den 2,9 Millionen Tonnen an tierischen Nebenprodukten, die 2023 in die Verarbeitung flossen, konnten rund 1,1 Millionen Tonnen als nutzbare Rohstoffe zurückgewonnen werden – davon circa 40 Prozent als Fette und 60 Prozent als Proteine.
Warum ist die Verwertung von tierischen Nebenprodukten wichtig?
Die Verwertung tierischer Nebenprodukte hat aus mehreren Gründen eine große Bedeutung. Zum einen wird durch die kontrollierte und fachgerechte Verwertung die Ausbreitung von Krankheitserregern, die nach gewisser Zeit von solchen tierischen Reststoffen ausgehen kann, vermieden. Dies kommt auch dem Boden- und Wasserschutz zugute.
In Zeiten knapper Rohstoffe bieten tierische Nebenprodukte aber vor allem wertvolle Grundstoffe für unterschiedlichste Industrien, beispielsweise zur Herstellung von Tierfutter, Düngemitteln, Biodiesel oder pharmazeutischen Produkten. Durch eine solche Verwertung werden nicht nur Abfälle minimiert, sondern zugleich neue wirtschaftliche Möglichkeiten geschaffen, die zur Kreislaufwirtschaft beitragen. Insgesamt ist die effiziente Verwertung tierischer Nebenprodukte also ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigeren und ressourcenschonenderen Wirtschaft.
Weitere Informationen
VVTN -Verband der Verarbeitungsbetriebe Tierischer Nebenprodukte e. V.
EFPRA: Nachhaltigkeitscharta für eine biologische Kreislaufwirtschaft, 2022, PDF
UBA: Schlachtbetriebe und Verwertung tierischer Nebenprodukte