Warum Spaltenböden in deutschen Ställen so verbreitet sind
Letzte Aktualisierung: 20. Oktober 2025
In deutschen Ställen stehen viele Tiere auf Spaltenböden. Für die Betriebe ist das praktisch – für Tierwohl und Tiergesundheit jedoch oft problematisch.
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In Kürze
- Spaltenböden wurden in den 1960er-Jahren als technische Neuerung zur Arbeitserleichterung eingeführt.
- Sie bestehen aus Betonplatten mit Schlitzen, durch die Kot und Harn in einen Güllekeller fallen.
- Für Landwirtschaftsbetriebe sind sie effizient, da sie weniger Arbeitsaufwand erfordern und kaum oder gar keine Einstreu benötigen.
- Für die Tiere sind sie unbequem und bergen ein erhöhtes Risiko für Klauen-, Gelenk- und Atemwegserkrankungen.
- Der Ökolandbau und verschiedene Tierschutzlabel haben strengere Vorgaben hinsichtlich Spaltenböden.
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher haben nur eine vage Vorstellung davon, wie Nutztiere in deutschen Ställen gehalten werden. Eine aktuelle Studie der Universität Göttingen zeigt etwa, dass die Mehrheit der Befragten davon ausgeht, Milchkühe und Schweine stünden überwiegend auf weichem, eingestreutem Boden. In der Praxis ist dies jedoch selten der Fall. Tatsächlich werden die meisten Nutztiere in Deutschland auf sogenannten Spaltenböden gehalten.
Was sind Spaltenböden?
Spaltenböden bestehen in der Regel aus Beton und sind mit gleichmäßigen Schlitzen versehen, durch die Kot und Harn in einen darunterliegenden Güllekeller fallen können.
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Man unterscheidet zwischen Vollspalten- und Teilspaltenböden: Bei Vollspaltensystemen sind Fress-, Liege- und Laufbereich vollständig mit Spalten ausgestattet. Bei Teilspaltensystemen hingegen enthält nur ein Teil des Stallbodens Schlitze, während der Liegebereich geschlossen ist.
In Deutschland entfallen rund 96 Prozent der Haltungsplätze für Schweine auf Ställe mit Spaltenboden, davon etwa 79 Prozent auf Vollspaltenböden (Stand 2020, BMLEH). Auch bei Rindern sind Spaltenböden weit verbreitet – insbesondere in der Jungbullenmast. In der Milchkuhhaltung dominieren Laufställe mit Teilspaltensystemen, bei denen sowohl Bewegungs- als auch Fressflächen häufig als Spaltenboden ausgeführt sind – während die Liegeflächen mit beispielsweise Stroh eingestreut oder mit Gummimatten ausgestattet sind.
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Welche Funktion erfüllen Spaltenböden – und was sind ihre Vorteile?
Die zunehmende Intensivtierhaltung in den 1960er- und 1970er-Jahren schuf den Rahmen für zahlreiche technische Neuerungen – eine davon waren Spaltenböden. Sie sollten Landwirtinnen und Landwirten die Arbeit erleichtern, die Stallhygiene verbessern und die Nutzung von tierischen Ausscheidungen vereinfachen.
Das Funktionsprinzip von Spaltenböden ist einfach: Flüssigkeiten laufen direkt durch die Schlitze ab. Der Kot wird durch das Laufen der Tiere nach und nach in die Spalten getreten und fällt so ebenfalls in den Güllekeller.
Für Landwirtinnen und Landwirte bedeutet das bis heute eine deutliche Arbeitserleichterung, denn das regelmäßige Ausmisten entfällt. Das Ausmisten, also das Entfernen von verunreinigter Einstreu, war in früheren Ställen nötig. Bei Spaltenböden ist der Bedarf an Stroh oder anderer Einstreu ist gering und die anfallende Gülle lässt sich unkompliziert abpumpen und als Dünger auf den Feldern einsetzen.
Damals galten Spaltenböden auch als Fortschritt, weil sie als besonders sauber und hygienisch angesehen wurden. Der direkte Kontakt der Tiere mit ihren Ausscheidungen wurde verringert, wovon man sich eine bessere Gesundheit der Tiere versprach.
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Welche Nachteile bringen Spaltenböden mit sich?
Heute sehen Fachleute durchaus negative Effekte von Spaltenböden: Wie Studien zeigen, bringen Spaltenböden neben betrieblichen Vorteilen auch gesundheitliche Probleme bei den Tieren mit sich.
Die harte Betonoberfläche beansprucht Klauen und Gliedmaßen sehr stark und kann Risse, Verformungen oder Entzündungen verursachen. Studien zeigen, dass Klauenerkrankungen und Lahmheiten bei Rindern und Schweinen auf Spaltenböden deutlich häufiger auftreten als auf weicheren, eingestreuten Flächen.
Hinzu kommt, dass nicht alle Ausscheidungen zuverlässig durch die Schlitze abfließen. Dadurch entstehen rutschige Stellen, die für die Tiere eine zusätzliche Gefahr darstellen. Auch die Luftqualität in Ställen mit Spaltenboden ist oft schlechter, da Ammoniak aus dem Güllekeller in den Stall entweicht. Schon mittlere Konzentrationen reizen Augen und Atemwege – insbesondere bei Schweinen und Kälbern – und erhöhen das Risiko für Atemwegserkrankungen.
Neben den gesundheitlichen Problemen kritisieren Tierschutzorganisationen und Wissenschaft, dass Spaltenböden den natürlichen Bedürfnissen der Tiere kaum gerecht werden. Das Liegen und Laufen auf den harten Böden ist wenig komfortabel. Schweinen fehlt zudem die Möglichkeit, ihrem natürlichen Wühltrieb nachzugehen.
Die Forschung ist sich heute weitgehend einig: Die gesundheitlichen Belastungen und Tierwohl-Probleme, die Spaltenböden verursachen können, sind gravierend. Deshalb werden seit Jahren Alternativen erprobt – etwa Teilspaltensysteme in Schweineställen mit strukturierten Buchten, die den Tieren separate Liegefläche ohne Spalten bieten. Untersuchungen zeigen, dass eine solche Trennung von Liege-, Aktivitäts- und Kotbereichen das Tierwohl steigert.
Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es?
Nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) müssen Stallböden so gestaltet sein, dass Tiere sich darauf sicher bewegen können – sie sollen rutschfest, trittsicher und verletzungsarm sein. Für bestimmte Tierarten gibt es zusätzlich konkrete Maßvorgaben: Bei Kälbern ist etwa die maximale Spaltenweite und die erforderliche Auftrittsbreite festgelegt, ebenso bei Schweinen.
Im Ökolandbau gelten strengere Standards. Spaltenböden sind dort nicht generell verboten, dürfen aber höchstens die Hälfte der Stallfläche einnehmen. Der übrige Bereich muss als fester, eingestreuter Liegebereich gestaltet sein. Damit sind Vollspaltenböden im Ökolandbau ausgeschlossen.
Quelle: Andreas Pelzer
Welche Alternativen zu Spaltenböden gibt es?
In der Milchviehhaltung werden neben Spaltenböden auch planbefestigte Laufflächen eingesetzt, die mit automatischen Gülleschiebern oder Robotern sauber gehalten werden. Für die Tiere sind solche Flächen angenehmer zu begehen, während die Hygiene durch die Technik gewährleistet bleibt.
Zunehmend kommen auch gummierte Auflagen zum Einsatz, die entweder Spalten oder geschlossene Böden abdecken. Sie machen das Laufen für die Tiere angenehmer und reduzieren die Belastungen für Klauen und Gelenke. Ein Nachteil dieser Auflagen ist ein verringerter Klauenabrieb, der durch eine angeraute Oberfläche zum Teil ausgeglichen werden kann.
Nach wie vor werden in Deutschland noch rund 10 Prozent der Rinder in Tiefstreu- oder Tretmistställen gehalten. Dort bewegen sich die Tiere auf einer weichen, eingestreuten Matte aus Stroh, was das Laufen erleichtert und das Risiko von Klauen- und Gelenkserkrankungen verringert. Für Betriebe bedeutet diese Form der Haltung jedoch einen deutlich höheren Arbeits- und Ressourcenaufwand, da regelmäßig eingestreut, gemistet und zusätzliche Klauenpflege betrieben werden muss. Das ist gerade bei Jungbullen anspruchsvoll, da ein Betreten des Stalls wegen des hohen Angriffsrisikos nach Möglichkeit vermieden wird.
Quelle: eriktrampe via Getty Images
In der Schweinehaltung spielen Alternativen zum Spaltenboden kaum eine Rolle. Nur ein sehr kleiner Teil der Tiere wird in eingestreuten Ställen oder Tiefstreusystemen gehalten – meist im Ökolandbau, wo Stroh vorgeschrieben ist. In der konventionellen Mast ist diese Haltungsform die Ausnahme.
Was können Verbraucherinnen und Verbraucher beachten?
Für Käuferinnen und Käufer tierischer Produkte ist es im Supermarkt nicht direkt ersichtlich, ob die Tiere auf Spaltenböden gehalten wurden. Bei Bioprodukten kann man sich jedoch sicher sein, dass die Tiere nicht auf Vollspaltenböden standen, da eingestreute Liegeflächen und auch Auslauf vorgeschrieben sind. Darüber hinaus geben manche Tierschutzlabels zusätzliche Orientierung: Das Label NEULAND zum Beispiel verbietet die Haltung von Schweinen auf Spaltenböden vollständig. Beim Label “Für Mehr Tierschutz” des Deutschen Tierschutzbundes sind Vollspaltenböden nicht erlaubt; der Liegebereich muss immer planbefestigt, also geschlossen und eingestreut sein.
Weitere Informationen
BMEL-Statistik: Schweinehaltung
Ökolandbau.de: Vorschriften in der ökologischen Tierhaltung
Nutztierhaltung.de: Bullenmast: Welches Stallsystem ist zukunftsfähig?
