Wie steht es um die Vielfalt von Nutztieren und Nutzpflanzen?
Die früher große regionale Vielfalt an Nutztierrassen sowie Nutzpflanzenarten und -sorten in der Landwirtschaft ist stark zurückgegangen.
2019 hat der Bericht des UN-Weltbiodiversitätsrates (IPBES) über den Zustand der weltweiten Artenvielfalt für viel Aufmerksamkeit gesorgt: Laut IPBES sind von den geschätzten acht Millionen Tier- und Pflanzenarten rund eine Million vom Aussterben bedroht, viele davon bereits in den nächsten Jahrzehnten. Das sind mehr als je zuvor in der gesamten Geschichte der Menschheit.
Der Weltbiodiversitätsrat zeichnet in dem Bericht ein Bild des Zustands der Artenvielfalt insgesamt. Doch wie steht es um die Vielfalt von landwirtschaftlichen Nutztieren und Nutzpflanzen?
Auch dort sieht es nicht viel besser aus, wie in einer 2020 veröffentlichten Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zu lesen ist. So wird von den rund 8.720 bekannten lokale Nutztierrassen und etwa 6.000 Nutzpflanzenarten (mit unzählbar vielen Sorten) heute leider nur noch ein Bruchteil genutzt.
Mehr als ein Viertel aller Nutztierrassen weltweit bedroht
Die FAO gibt in ihrer Studie an, dass 26 Prozent der weltweit erfassten lokalen Nutztierrassen vom Aussterben bedroht sind. Es darf angenommen werden, dass der Anteil noch höher liegt, denn von 62 Prozent aller Nutztierrassen ist der Risikostatus nicht einmal bekannt.
In Deutschland liegt der Anteil gefährdeter einheimischer Nutztierrassen bei den für die Landwirtschaft bedeutenden Arten Rind, Pferd, Schwein, Schaf und Ziege bei etwa 72 Prozent. Aktuell sind es 58 von 81 Rassen, die teilweise akut gefährdet sind.
Drei Pflanzenarten stellen über 50 Prozent der weltweiten Nahrungsenergie
Von den weltweit rund 6.000 Nutzpflanzenarten, haben nur ganz wenige Relevanz für die Nahrungsmittelerzeugung. Mit gerade einmal neun Kulturen werden derzeit 67 Prozent der weltweiten Ernte bestritten: das sind Zuckerrohr, Mais, Reis, Weizen, Kartoffeln, Sojabohnen, Ölpalmen, Zuckerrüben und Maniok.
Über 50 Prozent der für die menschliche Ernährung weltweit benötigten Nahrungsenergie wird sogar nur aus drei Pflanzenarten erzeugt: Mais, Reis und Weizen.
Hintergrundinformationen
Rote Liste der gefährdeten einheimischen Nutztierrassen in Deutschland (PDF)
Rote Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland (PDF)
Auch in Deutschland wird von den potenziell anbaubaren Kulturpflanzenarten nur noch ein Bruchteil genutzt. Die verstärkte Spezialisierung und Intensivierung in Landwirtschaft und Gartenbau nach dem zweiten Weltkrieg hat dazu geführt, dass immer weniger Kulturpflanzenarten und -sorten angebaut wurden.
Laut Informations- und Koordinationszentrum für Biologische Vielfalt (IBV) nutzt die deutsche Landwirtschaft derzeit nur etwa 25 Marktfrucht- und 35 Futterpflanzenarten. Im Gartenbau werden weitere 70 Gemüse-, 30 Obst- und 70 Heil- und Gewürzpflanzen angebaut. Die Ackerfläche wird jedoch zu rund 75 Prozent von nur fünf Fruchtarten – Weizen, Gerste, Mais, Raps, Roggen - dominiert. Im Anbau befinden sind vorwiegend moderne Zuchtsorten. Landsorten sind mit Ausnahme des Obstes, einiger Gemüse und Getreide kaum mehr vorhanden.
Vielfalt erhalten
Um diese Entwicklung aufzuhalten und ein möglichst hohes Maß an Vielfalt zu bewahren, gibt es auf internationaler wie auf nationaler Ebene intensive Bemühungen – von der Förderung von Projekten zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung in der Landwirtschaft über den Aufbau von Erhaltungsgärten und Genbanken bis hin zum globalen Saatguttresor auf Spitzbergen, der über 800.000 Nutzpflanzen-Muster beherbergt.
Aber auch im Kleinen kann man etwas für den Erhalt der Vielfalt tun. Sei es durch den Einkauf bei Landwirtinnen und Landwirten, die gezielt auf alte Sorten und Rassen setzen oder sei es im heimischen Garten bei der Auswahl des Saatguts.
Letzte Aktualisierung: 10. Januar 2024
Weitere Informationen
FAO: The State of the World’s Biodiversity for Food and Agriculture (engl.)
Praxis-agrar.de: IPBES-Bericht -Extremer Artenverlust hat gravierende Folgen