Warum werden Landmaschinen immer größer?
Landmaschinen sind in den letzten Jahrzehnten immer größer und leistungsfähiger geworden. Aber die Grenzen dieser Entwicklung sind erreicht.
Als im Jahr 1951 der erste selbstfahrende Mähdrescher eingesetzt wurde, waren die Abmessungen und die Leistung der Maschine noch überschaubar. Mit einer Schnittbreite von 2,10 Metern und einem 30 PS starken Motor war das Gerät nur etwas größer als ein heutiges Mittelklasse-Auto.
Doch die Landtechnik hat sich seitdem massiv weiterentwickelt. Die heutigen Top-Modelle bei Mähdreschern verfügen über mehr als 800 PS und arbeiten mit Schnittbreiten von knapp 14 Metern. Auch moderne Traktoren sind inzwischen beeindruckend groß, Reifendurchmesser von über zwei Metern und weit über 300 PS Leistung sind keine Seltenheit.
Neben der Größe hat auch die Geschwindigkeit der landwirtschaftlichen Maschinen zugenommen. Heutige Traktoren sind bis zu 50 Kilometer pro Stunde (km/h) schnell, spezielle Transporttraktoren kommen sogar auf 80 km/h. Gerade in ländlichen Regionen werden moderne Landmaschinen deshalb immer kritischer gesehen, zum Teil sogar als Bedrohung für die eigene Sicherheit im Straßenverkehr.
Die Flächenleistung zählt
Wie in anderen Wirtschaftsbereichen steckt hinter diesem Trend zu immer größeren und leistungsstärkeren Maschinen letztlich das Ziel, effizienter und damit kostengünstiger zu arbeiten. Das ist vor allem für sogenannte Lohnunternehmen ein wichtiger Punkt.
Lohnunternehmen führen für landwirtschaftliche Betriebe unterschiedlichste Feldarbeiten durch, insbesondere den Getreidedrusch und das Häckseln von Mais und Gras. Denn die Anschaffung eines Mähdreschers oder eines Maishäckslers lohnt sich für einen durchschnittlichen Betrieb in der Regel nicht.
Damit sich die Investition für Lohnunternehmen bezahlt macht, ist eine hohe Leistung der Maschinen elementar. Denn so kann in den meist kurzen Erntephasen viel Fläche in kurzer Zeit beerntet werden.
Aber auch für normale landwirtschaftliche Betriebe ist eine hohe Flächenleistung wichtig, um Zeit und Kosten einzusparen. Denn durch den Strukturwandel bewirtschaftet jeder einzelne Betrieb immer mehr Fläche. Außerdem liegen diese Flächen zunehmend weiter vom Hof entfernt, weshalb größere und schnellere Traktoren und Maschinen benötigt werden.
Größenwachstum stößt an Grenzen
Doch ein weiteres Größenwachstum wird es bei Landmaschinen kaum noch geben. Der Grund ist die Straßenverkehrsordnung, die unter anderem vorgibt, wie breit, hoch und schnell landwirtschaftliche Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen maximal sein dürfen. So ist die Breite von Traktoren und Erntemaschinen auf drei Meter begrenzt, die Höhe darf maximal vier Meter betragen.
Diese Begrenzungen haben die Hersteller bei ihren leistungsfähigsten Maschinen inzwischen überwiegend ausgereizt. Und auch bei den angehängten Geräten, etwa für die Heu- und Grasernte, lassen sich größere Arbeitsbreiten selbst durch aufwändigere Klapp- oder Schwenkmechanismen kaum noch realisieren.
Digitale Lösungen erhöhen Schlagkraft
Dennoch wird sich die Leistungsfähigkeit landwirtschaftlicher Maschinen auch in Zukunft weiter erhöhen. Und zwar nicht durch stärkere Motoren und größere Arbeitsbreiten, sondern durch digitale Lösungen, die schon heute die Effizienz der Maschinen deutlich verbessern.
So arbeiten zum Beispiel moderne Traktoren seit vielen Jahren mit satellitengestützten Lenksystemen. Damit kann der Fahrer oder die Fahrerin bei allen Feldarbeiten exakt auf Anschluss fahren, ohne selbst eingreifen zu müssen.
Mögliche Überlappungen, also das zweimalige Überfahren bereits bearbeiteter Flächen, werden dadurch vermieden. Bezogen auf die gesamte Fläche lassen sich so unnötige Überfahrten auf der gesamten Fläche verhindern.
Sensoren passen Fahrgeschwindigkeit an
Moderne Mähdrescher und Maishäcksler verfügen über Sensoren, die während der Ernte laufend den Durchsatz an Erntegut ermitteln. Eine Software verarbeitet diese Daten und passt die Motorleistung und die Geschwindigkeit automatisch an. Auf Flächenabschnitten mit weniger Aufwuchs fährt die Maschine automatisch schneller und senkt die benötigte Motorleistung ab, wodurch zusätzlich noch Kraftstoff eingespart wird.
Für Traktoren gibt es bereits Systeme, die dem Fahrer oder der Fahrerin bei der optimalen Einstellung des Pflugs oder anderer Anbaugeräte zur Bodenbearbeitung helfen. Auch die Motorleistung wird während des Einsatzes automatisch angepasst, sodass mit höheren Fahrgeschwindigkeiten bei geringerem Kraftstoffverbrauch gearbeitet werden kann.
Beim Getreidedrusch auf sehr großen Flächen, etwa in Ostdeutschland, arbeiten Mähdrescherkolonnen zum Teil mit Apps, die das Leeren der Korntanks während der Ernte optimieren. Die Traktorfahrerinnen und -fahrer mit den Getreideanhängern werden per Smartphone über die Position und die Füllstände der Korntanks der im Einsatz befindlichen Mähdrescher informiert. Zusätzlich erhalten sie eine Information, welcher Mähdrescher als nächstes Korn abtanken muss und über welche Route die Maschine am schnellsten zu erreichen ist.
Gibt es in Zukunft nur noch kleine, autonome Maschinen?
Möglicherweise geht die Entwicklung bei der Größe landwirtschaftlicher Maschinen sogar in eine entgegengesetzte Richtung. Das Thünen-Institut in Braunschweig hat in einer Studie Visionen für den Pflanzenbau der Zukunft entworfen. Darin hat das Forschungsteam ein Szenario entwickelt, nach dem es statt einer Großmaschine mit Verbrennungsmotor viele kleine, elektrisch betriebene Arbeitseinheiten geben wird – mit Arbeitsbreiten von maximal einem Meter.
Einige solcher Einheiten haben es bereits zur Praxisreife gebracht: Sie arbeiten völlig autonom und laden sich über Ladestationen am Feldrand oder per Photovoltaik während der Fahrt selbständig mit Energie auf. Bisher werden solche Maschinen vor allem zum Säen und Hacken von Unkraut eingesetzt. Eine höhere Schlagkraft ließe sich über eine größere Zahl der eingesetzten Einheiten erreichen.
Ob und falls ja, wann diese Vision tatsächlich Wirklichkeit wird, hängt nicht zuletzt von der weiteren technologischen Entwicklung ab. Fest steht aber, dass Traktoren und Erntemaschinen in naher Zukunft nicht wesentlich größer sein werden als heute.
Letzte Aktualisierung: 21. Juni 2024