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Insektensterben in Deutschland

Das Thema Insektensterben ist in aller Munde! Wie stark ist die Zahl der Insekten in Deutschland zurückgegangen und was sind die Auslöser?

Biene bestäubt Kornblume
Die bei Bienen beliebte Kornblume ist heute nur noch selten am Rand von Getreidefeldern zu entdecken.
Quelle: landpixel.de

Intakte Ökosysteme bestehen aus einer Vielzahl an Pflanzen und Tieren. Wenn Arten in ihrem Bestand stark zurückgehen oder sogar aussterben, gibt es Verschiebungen oder auch Ausfälle in den Funktionen innerhalb des jeweiligen Systems.

Insekten erfüllen eine entscheidende Funktion bei der Bestäubung von Nutzpflanzen in der Landwirtschaft. Sie sind darüber hinaus wichtige Nahrung für zahlreiche Vogelarten. Etwa 80 Prozent der Wildpflanzen sind abhängig von Insektenbestäubung-, und 60 Prozent der Vögel in der heimischen Natur ernähren sich hauptsächlich von Insekten. In Deutschland gibt es jedoch immer weniger Insekten. Das ist laut Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV) wissenschaftlich hinreichend belegt.

Zentraler Bezugspunkt ist die sogenannte Krefelder Studie. Sie stellt als erste Langzeitstudie für die vergangenen 27 Jahre einen Rückgang der Fluginsekten-Biomasse um 76 Prozent fest. Ehrenamtliche Insektenkundler des Entomologischen Vereins Krefeld hatten in verschiedenen deutschen Naturschutzgebieten an über 60 Standorten Fallen platziert und konnten diesen Trend über alle Standorte hinweg nachweisen. Betroffen sind zum Beispiel Schmetterlinge, Bienen und Wespen bis hin zu Motten und andere flugfähige Arten. Die Ergebnisse der Krefelder Studie wurden 2017 von Forschenden der Universität Nijmwegen ausgewertet und bestätigt. Laut dem BMUV untermauern auch zahlreiche internationale und europäische wissenschaftliche Studien den beschriebenen Insektenrückgang.

Neben dem Rückgang der Insekten-Biomasse ist auch die Anzahl der Insektenarten in Deutschland rückläufig. Dieser Rückgang der Insektenvielfalt wird in den Roten Listen der gefährdeten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten Deutschland dokumentiert. Demnach gelten 42 Prozent der Insektenarten als bestandsgefährdet, extrem selten oder bereits ausgestorben. Ähnliches belegen europäische und weltweit ausgerichtete Studien.

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Insekten - Faszination auf sechs Beinen

Spannende und überraschende Fakten über Insekten kompakt und leicht verständlich aufbereitet - das BZL-Pocket zeigt auf, warum Insekten bei genauer Betrachtung so faszinierend sind und gibt Tipps, wie sie sich schützen und fördern lassen.

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Die wichtigsten Ursachen für das Insektensterben

Dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) zufolge sind die Ursachen des Insektenrückgangs vielfältig und komplex. Ein erheblicher Teil der Einflussfaktoren sei aber vor allem auf die Art und Intensität der Landbewirtschaftung zurückzuführen.

Landwirtschaft

Blick auf Maisfeld
Auf rund 15 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland wächst Mais.
Quelle: feelife via Getty Images

In den letzten Jahrzehnten haben moderne Entwicklungen der Landbewirtschaftung sowie veränderte ökonomische Rahmenbedingungen zu erheblichen Verlusten wertvoller Biotope geführt. Von dieser Entwicklung sind extensiv genutzte Grünlandbiotope und letztendlich die traditionellen Kulturlandschaften insgesamt betroffen, was sich wiederum auf die dort lebenden Insekten auswirkt.

Die intensive Landnutzung hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen und zeigt sich beispielsweise in vermehrt großflächigem Maisanbau oder auch in häufigem Schnitt von Grünland. Die dadurch bedingte geringere pflanzliche Artenvielfalt wirkt sich auch auf Insekten aus, da bestimmten Arten ihre Nahrungsgrundlage und ihr Lebensraum entzogen wurden.

Ein bedeutender Einflussfaktor ist auch der Pestizideinsatz in der Landwirtschaft. So stehen zum Beispiel Neonicotinoide im dringenden Verdacht als ein Schlüsselfaktor zum ungewollten Insektensterben beizutragen. Daher wurde der Einsatz bedeutender Neonicotinoide auf Äckern inzwischen verboten.

Pestizide können aber auch indirekt die Qualität der Lebensräume und die Nahrungsgrundlage der Insekten beeinflussen. Laut BfN dienen zahlreiche Ackerwildkräuter für Insekten als Lebensgrundlage. Großflächig und häufig eingesetzte Breitbandherbizide wie Glyphosat vernichten diese Ackerwildkrautvegetation jedoch.

Schließlich führt auch ein überhöhter Nährstoffeintrag aufgrund von Düngung zu Problemen. Nährstoffe reichern sich vielfach in Böden und Gewässern an, was eine Reduzierung der Pflanzenvielfalt mit sich bringt – mit der Folge, dass wichtige Futter- und Nektarpflanzen für Insekten fehlen.

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Infrastrukturmaßnahmen

Die Zerstückelung der Landschaft durch Straßenbau und andere infrastrukturelle Baumaßnahmen hat langfristig ebenfalls dramatische Auswirkungen auf die Biodiversität. Diese Veränderungen sind meist relativ klein und werden daher oft wenig beachtet. Insgesamt reduzieren sie jedoch die Qualität der noch vorhandenen Lebensräume immer stärker und gefährden dadurch immer mehr Tier- und Pflanzenarten. Die Zerstückelung der Landschaft hat zur Folge, dass der Bewegungsspielraum von Insekten innerhalb einer Landschaft geringer wird. Zum anderen erschwert sie die Ausbreitung von Arten.

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Lichtverschmutzung

Nachtaktive Insekten orientieren sich normalerweise am schwachen Licht der Gestirne. Immer mehr werden sie heute aber von künstlichen Lichtquellen angezogen und in ihrer Orientierung gestört. Einige Insekten werden auch an Lichtquellen getötet. Nämlich dann, "wenn diese als Fallen wirken oder Insekten durch den andauernden Lichtreiz wiederholt um beziehungsweise an die Lichtquelle fliegen und damit erheblichen Energieverlust erleiden und schlussendlich sterben, ohne ihren Lebenszyklus vollendet zu haben", so das BfN. Die Lichtverschmutzung hat in den vergangenen Jahren immer stärker zugenommen und wirkt sich damit laut BfN immer stärker auf die Insektenbestände aus.

Welchen Handlungsbedarf gibt es?

Blühstreifen an Ackerrändern können einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität leisten.
Quelle: Edda Dupree via Getty Images

Um dem Insektenrückgang entgegenzuwirken, ist laut BfN eine Vielzahl an Maßnahmen erforderlich. Einer natur- und insektenverträglichen Landbewirtschaftung komme dabei aufgrund des großen Anteils bewirtschafteter Flächen in Deutschland eine Schlüsselrolle zu.

So müsse der Verlust an Lebensräumen nicht nur gestoppt, sondern auch wieder rückgängig gemacht werden. Zudem sei es wichtig, die Qualität der Lebensräume zu verbessern. Es müssten mehr Übergangstrukturen geschaffen werden wie Wald- und Ufersäume oder Blühstreifen an Ackerrändern. Schutzgebiete müssten vergrößert und neu ausgewiesen werden.

Den Einsatz von Dünger sowie von Pflanzenschutzmitteln gelte es zeitnah zu reduzieren. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln müssen darüber hinaus stärker daran ausgerichtet werden, welche Auswirkungen die Mittel auf die biologische Vielfalt und die Ökosysteme haben.

Um die Lichtverschmutzung zu vermindern, müssten Beleuchtungslösungen entwickelt werden, die weniger schädlich für Insekten sind. Und schließlich müsse die Erforschung der Ursachen des Insektenrückgangs weiter intensiviert werden, um weitergehende Kenntnisse zu den Gefährdungsursachen zu gewinnen.

Zahlreiche dieser Forderungen wurden von der Bundesregierung in das seit 1 März 2022 geltende Gesetz zum Schutz der Insektenvielfalt aufgenommen. Weitere wesentliche Bausteine des Insektenschutzpakets gelten mit dem geänderten Pflanzenschutzgesetz und der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung bereits seit September 2021. Aber auch die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wird dafür sorgen, dass Insekten und ihre Lebensräume mehr geschützt werden. So sieht die neue GAP seit 2023 vor, dass die von der EU an die Landwirtinnen und Landwirte gezahlten Direktzahlungen deutlich stärker an die Einhaltung von Umwelt- und Klimavorschriften gebunden werden.

Letzte Aktualisierung: 5. Juni 2023


Weitere Informationen

Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV): Fragen und Antworten zum Insektenschutz

Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL): Biologische Vielfalt - Bienen und Insekten schützen

Bundesamt für Naturschutz (BfN): Insektenrückgang - Gefährdungsursachen und Handlungsbedarf


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