Wildbienen – Unverzichtbare Helfer in der Landwirtschaft
Letzte Aktualisierung: 11. August 2025
Wildbienen leisten neben Honigbienen einen unschätzbaren Beitrag zur Bestäubung vieler Kulturpflanzen.

Quelle: Makrowilli
In Kürze
- Wildbienen sind bedeutende Bestäuber vieler Kulturpflanzen und oft effizienter als Honigbienen.
- In Deutschland sind über die Hälfte der Wildbienenarten gefährdet oder bereits ausgestorben.
- Als Hauptursachen für den Rückgang gelten intensive Landwirtschaft, Bebauung sowie Lichtverschmutzung.
- Maßnahmen wie Blühstreifen, Feldrandgehölze, vielfältige Fruchtfolgen und Verzicht auf Pflanzenschutzmittel helfen Wildbienen.
- Auch im Garten- und Siedlungsbereich kann viel zum Schutz beigetragen werden.
Blütenbesuchende Insekten wie Bienen, Schwebfliegen, Falter und Käfer sind für die Bestäubung vieler Pflanzen – und damit für unsere Nahrungsmittelproduktion – unverzichtbar. Laut der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO sind rund 80 Prozent der Wildpflanzen und 35 Prozent der weltweiten Nahrungsmittelproduktion auf tierische Bestäubung angewiesen.
Bienen gehören zu den wichtigsten Bestäubern, weil sie für ihre Brut große Mengen an Pollen und für sich selbst Nektar sammeln – und deshalb besonders häufig Blüten anfliegen. Neben der bekannten Honigbiene gibt es noch unzählige Wildbienenarten, die hier einen wichtigen Beitrag leisten.

Quelle: ajcespedes via Gettyimages
Wildbienen und Honigbienen: Wo liegen die Unterschiede?
In Deutschland gibt es 585 Wildbienenarten, weltweit sogar über 20.000. Anders als ihre domestizierten Verwandten, die Honigbienen, leben die meisten Wildbienenarten nicht in Staaten, sondern solitär. Das heißt, jedes Weibchen baut eigenständig ein Nest – etwa in hohlen Pflanzenstängeln, in totem Holz oder in selbstgegrabenen Erdröhren. Eine Ausnahme bilden Hummeln: Sie zählen ebenfalls zu den Wildbienen, leben aber in kleinen sozialen Völkern, die jedes Frühjahr neu von einer Königin gegründet werden.
Neben den nestbauenden Arten gibt es parasitische Wildbienen, die sogenannten Kuckucksbienen. Diese legen ihre Eier in die Nester anderer Wildbienen, deren Weibchen dann die Brut der Eindringlinge großziehen.
Wildbienen haben in der Regel einen deutlich kleineren Aktionsradius als Honigbienen. Während der von Wildbienen im Schnitt bei 150 Metern liegt, fliegen Honigbienen auch mehrere Kilometer weit. Rund ein Viertel aller Wildbienenarten ist zudem auch sehr wählerisch bei der Blütensuche. Sie sammeln nur Pollen von bestimmten Pflanzenfamilien, -gattungen oder-arten. Die meisten Wildbienenarten gelten jedoch wie die Honigbiene als sogenannte Generalisten. Das bedeutet, sie sammeln an einer Vielzahl unterschiedlicher Pflanzen und können sich somit leichter an Umweltveränderungen anpassen.
Wildbienen unterscheiden sich auch äußerlich von Honigbienen: Sie können wenige Millimeter klein (z. B. Schmalbienen) oder bis zu drei Zentimeter groß sein (z. B. Blauschwarze Holzbienen) und weisen eine erstaunliche Vielfalt an Farben und Formen auf. Viele Wildbienenarten haben auch nur schwache oder kurze Stachel und stechen äußerst selten.
Oekolandbau.de stellt vor: Die Wildbiene des Monats
Wildbienen: Höchst effiziente Bestäuber
Oft gelten Honigbienen als Paradebeispiel für Bestäubungsleistung. Doch eine globale Studie konnte zeigen, dass ihre alleinige Anwesenheit meist nicht genügt, um hohe Erträge zu sichern. Ein internationales Forschungsteam untersuchte dafür Felder in 19 Ländern – von Kaffeeplantagen in Indonesien bis hin zu Kirschbäumen und Erdbeerfeldern in Niedersachsen.
Es stellte fest, dass Wildbienen und andere wilde Insekten in nahezu allen Kultursystemen den Fruchtansatz weiter steigern konnten, selbst wenn bereits viele Honigbienen anwesend waren. In vielen Fällen waren die Wildbienen dabei sogar weitaus effizienter als die Honigbienen. Ein bekanntes Beispiel ist die Gehörnte Mauerbiene. Ihre Bestäubungsleistung liegt bei Obstkulturen um ein Vielfaches höher als die der Honigbiene.

Quelle: AndrewRafalsky via Gettyimages
Gründe für die hohe Effizienz von Wildbienen
Wildbienen sammeln bei jedem Blütenbesuch sowohl Pollen als auch Nektar – im Gegensatz zu Honigbienen, die sich meist auf eines von beidem konzentrieren. Laut dem Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) führen daher zum Beispiel bei Raps etwa 70 Prozent der Wildbienenbesuche zur Bestäubung, während es bei Honigbienen nur rund 35 Prozent sind.
Auch die Tatsache, dass Wildbienen in der Regel deutlich kürzere Strecken rund um ihr Nest fliegen als Honigbienen, kommt der Bestäubungsleistung zugute. Denn so bleiben die Wildbienen eher an den Obstbäumen in der näheren Umgebung und können so in derselben Zeit deutlich mehr Blüten besuchen als Honigbienen.
Ein weiterer Vorteil: Manche Wildbienen fliegen auch bei kühlem, trübem Wetter, wenn Honigbienen kaum aktiv sind. Während Honigbienen erst ab etwa zehn Grad Celsius fliegen, sind Hummeln und andere Wildbienen schon bei Temperaturen ab zwei Grad Celsius unterwegs.
Darüber hinaus beeinflussen auch Blütenpräferenzen und spezifische Blüteneigenschaften das Bestäubungsverhalten: Einige Blüten sind für Honigbienen schlechter zugänglich als für bestimmte Wildbienen. So sind etwa Blattschneider- und Mörtelbienen wegen ihrer längeren Rüssel und stärkeren Oberkörper besser in der Lage, Hülsenfrüchte wie Klee, Wicke oder Lupine zu bestäuben als Honigbienen.

Quelle: Makrowilli
Tomaten und Paprikablüten wiederum benötigen zur Bestäubung Vibrationen, die Honigbienen nicht erzeugen können. Hummeln und einige andere Wildbienenarten sind hierzu in der Lage und werden deshalb etwa in Gewächshäusern zur Bestäubung eingesetzt.
Bedrohung und Rückgang
Laut dem im Jahr 2024 veröffentlichten “Faktencheck Artenvielfalt” gelten lediglich 37 Prozent der 585 Wildbienenarten in Deutschland als nicht gefährdet. Über die Hälfte – nämlich 52 Prozent – stehen mindestens auf der Gefährdungsliste. 26 Arten werden als extrem selten und 39 Arten als ausgestorben oder verschollen eingestuft.
Die Gründe für den Rückgang sind vielfältig. Die intensive Landwirtschaft spielt hier eine zentrale Rolle, aber auch die Zerstückelung der Landschaft durch Straßenbau und andere infrastrukturelle Baumaßnahmen sowie Lichtverschmutzung. Mehr dazu auf landwirtschaft.de unter
Ökologische und ökonomische Folgen
Ein Aussterben von Wildbienen und anderen Bestäubern hätte weitreichende Folgen für Ökosysteme, Landwirtschaft sowie Gartenbau und wäre auch wirtschaftlich spürbar: Insbesondere Obst und Gemüse, aber auch großflächige Ackerkulturen wie Raps, Sonnenblume oder Ackerbohne würden geringere Erträge liefern. Modellrechnungen zufolge würde ein Totalausfall der Bestäubung bei Äpfeln und Kirschen Ertragsverluste von etwa 65 Prozent verursachen, bei Kürbissen sogar bis zu 95 Prozent.
Die Universität Hohenheim beziffert den möglichen jährlichen Schaden für Landwirtschaft und Gartenbau in Deutschland auf rund 3,8 Milliarden Euro. Weltweit wird der wirtschaftliche Wert der Bestäubung auf rund eine Billion US-Dollar (etwa 860 Mrd. Euro) geschätzt.
Viele Wildpflanzen sind auch speziell auf Wildbienen zur Bestäubung angewiesen. Verschwinden diese Bienen, können sich auch die Pflanzen nicht mehr vermehren – und verschwinden ebenfalls. Das wirkt sich auf ganze Nahrungsnetze aus: Denn Wildbienen und ihre Nester dienen auch zahlreichen Vögeln, Insekten und anderen Tieren als Nahrung oder Lebensraum.

Quelle: BLE/Thomas Stephan
Was Landwirtschaft und Gartenbau für Wildbienen tun können
Schon mit vergleichsweise einfachen Maßnahmen lassen sich Wildbienen gezielt fördern:
- Blühstreifen und -flächen anlegen: Unbewirtschaftete Flächen mit artenreichen, bienenfreundlichen Blühmischungen entlang von Feldern bieten Nahrung und Rückzugsräume für viele Wildbienenarten. Heimische Wildpflanzen sind besonders gut geeignet.
- Frühblüher im Obstbau erhalten: In Fahrgassen von Obstplantagen kann durch einen schonenden, wechselnden Schnitt der Erhalt frühblühender Wildpflanzen wie Löwenzahn gefördert werden – eine wichtige Nahrungsquelle im zeitigen Frühjahr.
- Natürliche Nistplätze fördern: Kleine Sandhaufen, offene Bodenstellen oder freigelegte Steilwände am Feldrand bieten wichtige Nistmöglichkeiten für bodennistende Wildbienen. Auch Brachflächen und extensiv genutzte Wiesen sind wertvolle Bruträume.
- Künstliche Nisthilfen ergänzend einsetzen: Nisthilfen aus Holz, Hohlstängeln oder Lehm können das Angebot für oberirdisch nistende Arten erweitern.

Quelle: Ra Boe / Wikipedia
- Gezielte Bestäubung durch Zuchtbienen: In Obst- und Beerenkulturen kann der Einsatz kontrolliert vermehrter Mauerbienen und Hummeln die natürliche Bestäubung wirksam ergänzen.
- Vielfalt in Fruchtfolge und Landschaft: Einseitige Fruchtfolgen bieten nur kurze Blühphasen (z. B. Raps im April/Mai). Eine vielfältige Fruchtfolge mit Kulturen wie Kleegras, Leguminosen, Untersaaten oder Zwischenfrüchten streckt das Blütenangebot. Der Erhalt von Wiesen, Obstgärten und Waldrändern schafft zudem ein wertvolles Mosaik an Lebensräumen.
- Pflanzenschutz gezielt und sparsam einsetzen: Jeder vermiedene Einsatz von Pflanzenschutzmitteln schützt Insekten. Wo notwendig, sollten bienenschonende Mittel außerhalb der Flugzeiten eingesetzt werden. Blühende Randstreifen dürfen nicht mit Spritzmitteln erfasst werden. Besonders bienengefährliche Wirkstoffe wie bestimmte Neonikotinoide sind zu vermeiden.
- Ökologisch wirtschaften: Der Bio-Anbau verzichtet auf synthetische Pflanzenschutzmittel und schafft oft vielfältigere Fruchtfolgen und Ackerrandstreifen. Untersuchungen zeigen, dass biologische Landwirtschaft tendenziell höhere Bestäuberzahlen aufweist.

Quelle: Dirk Vegelahn via Getty Images
Was Verbraucherinnen und Verbraucher tun können
Auch Verbraucherinnen und Verbraucher können einen Beitrag zum Schutz von Wildbienen leisten. Wer Garten oder Balkon mit pollen- und nektarreichen Pflanzen gestaltet und auf Pflanzenschutzmittel verzichtet, schafft wertvollen Lebensraum. Auch das Anbieten von Nisthilfen – etwa durch spezielle Behausungen, offene Bodenstellen oder Totholz – unterstützt nistende Arten.
Beim Einkauf helfen Produkte aus ökologischem Anbau oder von Betrieben mit Blühstreifen, die Wildbienenvielfalt zu fördern. Schließlich kann auch politisches Engagement viel bewirken: Durch Unterstützung von Naturschutzorganisationen, Initiativen für pestizidfreie Zonen oder die aktive Teilnahme an Projekten zur Gestaltung blühender Landschaften.
Weitere Informationen
FiBL: Wildbienen und Bestäubung, Faktenblatt (PDF)
FiBL: Mauerbienen züchten – Bestäubung in Obstkulturen stärken (PDF)
FiBL: Wildbienen fördern – Erträge und Pflanzenvielfalt sichern (PDF)
Oekolandbau.de: Die Vielfalt der Wildbienen
Oekolandbau.de: Wildbienen-Nisthilfe selber bauen
Oekolandbau.de: Sandarium für Wildbienen bauen
LfL: Bienen in der Kulturlandschaft – Wild- und Honigbienen in ihrem Lebensraum