Springe zur Hauptnavigation Springe zum Inhalt

Klimawandel und Tierhaltung: Folgen, Risiken und Anpassung

Letzte Aktualisierung: 25. November 2025

Wie der Klimawandel Tierhaltung und Tiergesundheit verändert – und welche Maßnahmen die Landwirtschaft ergreifen kann.

Zwei Rinder stehen unter einem Baum im Schatten.
Steigende Temperaturen infolge des Klimawandels führen bei landwirtschaftlichen Nutztieren zu Hitzestress.
Quelle: tbaeff via Getty Images

In Kürze


Der Klimawandel bringt die landwirtschaftliche Tierhaltung in ein zunehmendes Spannungsfeld: Einerseits trägt sie selbst zur Erderwärmung bei – etwa durch Methanemissionen aus der Verdauung von Wiederkäuern oder durch den Einsatz von Dünger. Andererseits ist sie stark von den Folgen des sich verändernden Klimas betroffen.

Zwei Kühe stehen zum Trinken an einer Tränke auf der Weide.
Eine Kuh trinkt an heißen Tagen um bis zu 40 Prozent mehr als sonst.
Quelle: Knaupe via Getty Images

Steigende Temperaturen, häufigere Hitzetage, längere Trockenperioden und extreme Wetterereignisse stellen Tierhaltungsbetriebe in Deutschland und Europa vor neue Herausforderungen – sowohl für das Wohl der Tiere als auch für die landwirtschaftliche Erzeugung.

Hitzestress bei Nutztieren: Folgen für Tiergesundheit und Leitung

Mit steigenden Temperaturen nimmt der Hitzestress für Nutztiere deutlich zu. Schon moderate Temperaturerhöhungen über dem artspezifischen Wohlfühlbereich können spürbare Belastungen verursachen – vor allem bei hoher Luftfeuchtigkeit.

Hauschwein suhlt sich in Schlammpfütze
Schweine suhlen sich bei Hitze gerne in Schlammpfützen, um durch Verdunstungskälte und eine schützende Schlammschicht abzukühlen. In den allermeisten Haltungssystemen ist das jedoch nicht möglich.
Quelle: Paul Hamilton via Getty Images

Die Fähigkeit, überschüssige Körperwärme abzugeben, ist bei vielen Tierarten begrenzt. Rinder besitzen nur wenige funktionale Schweißdrüsen, Schweine fast gar keine und Geflügel überhaupt keine. Das heißt, die Tiere kühlen sich vor allem über die Atemwege, was bei anhaltender Hitze schnell an Grenzen stößt. 

Zwei braune Legehennen mit geöffneten Schnäbeln.
Da Hühner keine Schweißdrüsen haben, geben sie überschüssige Körperwärme durch Hecheln mit geöffnetem Schnabel und Flügelschlagen ab.
Quelle: Dmytro Adamov via Getty Images

Insgesamt beeinträchtigt zunehmende Hitze also das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit von Nutztieren erheblich. Sie wird zu einem wachsenden Risiko für die Tiere selbst und für die Rentabilität der Betriebe. 

Tiere in intensiven Haltungssystemen sind in besonderem Maß betroffen, Ihr Stoffwechsel ist auf maximale Leistung ausgerichtet und erzeugt bereits dadurch viel Wärme.

Klimawandel: Neue Krankheiten in der Tierhaltung 

Mit steigenden Temperaturen verändert sich auch die Verbreitung von Krankheiten. Zahlreiche Studien zeigen, dass sich viele Erreger und ihre Überträger – etwa Stechmücken, Gnitzen oder Zecken – infolge des Klimawandels zunehmend nach Norden ausbreiten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt, dass Tierkrankheiten, die früher auf den Mittelmeerraum beschränkt waren, inzwischen regelmäßig auch in Mitteleuropa auftreten.

In Deutschland zählen vor allem die durch Gnitzen - das sind kleine eher unscheinbare Mücken - übertragenen Infektionen mit dem Blauzungenvirus (BTV-8) und dem Schmallenberg-Virus (SBV) zu den bedeutendsten neuen Tierseuchen. Beide Erkrankungen betreffen Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen. 

Während die Blauzungenkrankheit meist mit Fieber, Entzündungen der Schleimhäute und teils schweren Krankheitsverläufen einhergeht, verursacht das Schmallenberg-Virus vor allem bei trächtigen Tieren Fehlbildungen und Totgeburten. Nach Einschätzung von Fachleuten des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) begünstigt der Klimawandel die weitere Ausbreitung dieser Infektionskrankheiten.

Gemähtes Gras auf einen langen Wall – Schwad genannt – aufgehäuft.
Die Grünlanderträge sind in heißen und trockenen Jahren sehr viel geringer und gefährden mancherorts die Futterversorgung.
Quelle: Edda Dupree via Getty Images

Futter- und Wasserversorgung im Klimawandel unter Druck

Der Klimawandel wirkt sich nicht nur direkt auf die Tiere aus, sondern auch auf ihre Lebensgrundlagen. Häufigere Hitze- und Trockenperioden sowie mehr Starkregen, Hagel und Stürme setzen die landwirtschaftliche Futtererzeugung zunehmend unter Druck. 

Beispielsweise litten in den Jahren 2018 und 2022 viele Grünlandflächen unter den besonders langanhaltenden Trockenphasen und Dürreperioden - die Folge waren deutlich niedrigere Erträge und Qualitätseinbußen.

Dasselbe ließ sich bei Ackerfutterpflanzen wie Mais, Gerste oder Weizen beobachten. Einige Betriebe mussten in dieser Zeit sogar Tiere vorzeitig schlachten, weil die Futterversorgung nicht mehr gesichert war.

Ferner müssen Landwirtinnen und Landwirte in Jahren mit reduziertem Futteraufkommen häufiger auf zugekauftes oder importiertes Futter zurückgreifen. Dadurch steigen die Kosten und die Abhängigkeit von Weltmarktpreisen, Energie- und Transportkosten oder den Ernteerträgen in anderen Ländern. 

Die Qualität eingelagerter Futtermittel leidet ebenfalls, insbesondere bei Silagen. Mit steigenden Temperaturen und unbeständigem Wetter häufen sich Fehlgärungen, Schimmel und Nährstoffverluste. Das Futter verdirbt schneller und lässt sich schwieriger in gleichbleibend guter Qualität konservieren.

Auch die Verfügbarkeit von Wasser wird zunehmend wichtiger – nicht nur für die Bewässerung der Felder, sondern auch als Trinkwasser für die Tiere selbst. Bei extremer Hitze kann der Wasserbedarf einer Milchkuh laut Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen um etwa 40 Prozent steigen – auf bis zu 170 Liter pro Tag.

Ventilatoren in einem Milchviehstall.
Frei im Stall aufgehängte Ventilatoren helfen, die Luft abzukühlen.
Quelle: landpixel.de

Wie Betriebe die Tierhaltung an den Klimawandel anpassen können

Der Klimawandel zwingt Tierhalterinnen und Tierhalter, ihre Betriebe an wärmere, trockenere und unbeständigere Bedingungen anzupassen. In den kommenden Jahren wird es entscheidend sein, Haltungsformen, Fütterung und Wassermanagement so weiterzuentwickeln, dass Tiere auch unter schwierigeren Bedingungen gesund bleiben und ausreichend versorgt sind.

Stallklima und Haltungsbedingungen verbessern

Mit steigenden Außentemperaturen müssen Ställe künftig so gestaltet werden, dass sich Hitze weniger staut. Eine gute Belüftung, ausreichend Schatten und offene Bauweisen, die den Luftaustausch erleichtern, sind dafür zentral. Als besonders wirksam gilt ein gut gegen Wärmestrahlung gedämmtes Dach, das den Wärmeeintrag in den Stall verringert. Auch technische Hilfen wie Ventilatoren oder Sprühnebelanlagen können die Temperatur spürbar senken.

Neben der Temperatur spielt auch die Luftfeuchtigkeit eine wichtige Rolle. Wird es im Stall schwül und feucht, können die Tiere überschüssige Wärme kaum noch abgeben. Eine gezielte Lüftung ist daher unverzichtbar, um feuchte Luft abzuführen und für Frischluft zu sorgen. Moderne Außenklimaställe bieten hier Vorteile, weil sie den Luftstrom verbessern und das Stallklima insgesamt stabil halten.

Weidemanagement und Wasserversorgung anpassen

Auf der Weide muss die Hitzebelastung so gut es geht gemindert werden. Schattenbereiche sollten für Weidetiere wie Rinder und Schafe jederzeit zugänglich sein – entweder durch natürliche Beschattung mit Bäumen und Hecken oder durch gebaute Unterstände. Eine weitere Möglichkeit ist es, die Weidegänge in die kühleren Morgen- und Abendstunden oder in die Nacht zu verlegen. 

Bei der Weidehaltung gewinnt zudem die Wasserversorgung an Bedeutung. Tränken sollten ausreichend und ohne Wartezeiten erreichbar sein – idealerweise mit kühlem Wasser. Viele Betriebe investieren inzwischen in Vorratstanks, Zisternen oder eigene Brunnen, um die Wasserversorgung auch in langen Trockenphasen sicherzustellen.

Futteranbau neu denken

Der Klimawandel beeinflusst zunehmend, welche Pflanzenarten und Sorten sich noch zuverlässig als Futter anbauen lassen. Züchterinnen und Züchter arbeiten daher seit Jahren an Pflanzen, die besser mit Trockenheit, Hitze und längeren Vegetationszeiten zurechtkommen. Sie entwickeln Sorten, die robuster sind und Krankheiten sowie Schädlingen besser standhalten – ein wichtiger Schritt, denn durch mildere Winter breiten sich viele Erreger und Insekten künftig stärker aus.

Sorghum ist eine trockentolerante Futterpflanze, die auch hierzulande wächst.
Quelle: landpixel.de

Alternativ geraten auch Pflanzen in den Blick, die bisher in Deutschland kaum angebaut wurden. So gilt etwa die Sorghum-Hirse als vielversprechende Alternative zu Mais, da sie Hitze und Trockenheit besser verkraftet.

Ein weiterer Schlüssel, um den Futteranbau an den Klimawandel anzupassen, liegt im Boden selbst. Gesunde, humusreiche Böden speichern Wasser besser, schützen vor Erosion und halten Nährstoffe im Oberboden.

Zucht robuster und anpassungsfähiger Tiere

Auch die Tierzucht spielt eine zentrale Rolle bei der Anpassung der Tierhaltung an den Klimawandel. Nutztiere müssen züchterisch so weiterentwickelt werden, dass sie widerstandsfähiger gegenüber Hitze, Trockenheit und neuen Infektionskrankheiten sind. 
In Deutschland laufen dazu bereits verschiedene Forschungsprojekte, etwa das Projekt KLIMAFIT in Baden-Württemberg. 

Ziel ist es, Milchkühe zu züchten, die besser mit wechselnden Umweltbedingungen zurechtkommen und gleichzeitig ihre Leistung halten können. Langfristig sollen so Herden entstehen, die mit Hitzestress, Futterschwankungen und veränderten Krankheitsmustern besser umgehen. 

Wo der Klimawandel auch Chancen für die Tierhaltung bietet

Der Klimawandel bringt aber in manchen Regionen neben Herausforderungen, auch einzelne Vorteile für die landwirtschaftliche Tierhaltung mit sich. Steigende Temperaturen können dazu führen, dass sich Vegetations- und Weidezeiten verlängern. Dadurch steht den Tieren länger frisches Grünfutter zur Verfügung – Landwirte und Landwirtinnen müssen weniger Futter einlagern und haltbar machen, was Kosten spart und Arbeitsaufwand reduziert.

In der Aufzucht – insbesondere bei Kälbern und Ferkeln – kann ein etwas milderes Klima die Belastung durch Kältestress mindern. Das wirkt sich positiv auf Gesundheit, Wachstum und Futteraufnahme der heranwachsenden Tiere aus.

Solche positiven Effekte dürfen die Risiken des Klimawandels zwar nicht überstrahlen, sie zeigen aber, dass sich veränderte klimatische Bedingungen nicht in jedem Fall ausschließlich negativ auswirken müssen. Entscheidend wird sein, dass es den Betrieben gelingt, diese Potenziale zu nutzen und gleichzeitig die Belastungen wirksam abzufedern.


Weitere Informationen

Nutztierhaltung.de: Hitzestress bei Milchkühen vorbeugen

Nutztierhaltung.de: Hitzestress im Schweinestall vermeiden

Infodienst Landwirtschaft, Ernährung, ländlicher Raum: Projekt KLIMAFIT


Vogelperspektive eines Mähdreschers auf dem Feld

Wie groß ist der Einfluss der Landwirtschaft auf den Klimawandel?

Methan, Lachgas und CO2 – wie die Landwirtschaft zum Klimawandel beiträgt und welche Maßnahmen Emissionen senken können.

Fressende Milchkühe im Stall

Klimawandel: Welche Rolle spielt Methan aus der Landwirtschaft?

Die Landwirtschaft ist die wichtigste Quelle von Methan-Emissionen. Das Gas ist klimawirksamer als CO2, wird aber auch schneller wieder abgebaut.

Landwirt steht auf einer vertrockneten Wiese und schaut in den Himmel

Landwirtschaft im Klimawandel: Strategien zur Anpassung

Von Züchtung über neue Kulturen bis zu Technik und Carbon Farming – wie Landwirtschaft mit den Folgen des Klimawandels umgehen kann.

Blühende Apfelplantage

Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Obstbau in Deutschland aus?

Der Klimawandel stellt Obstbau-Betriebe vor große Herausforderungen. Denn viele Kulturen reagieren sensibel auf klimatische Veränderungen.