Klimawandel und Tierhaltung: Folgen, Risiken und Anpassung
Letzte Aktualisierung: 25. November 2025
Wie der Klimawandel Tierhaltung und Tiergesundheit verändert – und welche Maßnahmen die Landwirtschaft ergreifen kann.
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In Kürze
- Steigende Temperaturen führen bei Rind, Schwein und Geflügel zu Hitzestress und mindern ihre Leistung.
- Neue Tierkrankheiten breiten sich durch mildere Winter und feuchtere Sommer weiter Richtung Norden aus.
- Häufiger auftretende Dürren erschweren die Futter- und Wasserversorgung vieler Betriebe.
- Anpassungen bei Stallbau, Weidemanagement, Futteranbau und Zucht werden immer wichtiger.
Der Klimawandel bringt die landwirtschaftliche Tierhaltung in ein zunehmendes Spannungsfeld: Einerseits trägt sie selbst zur Erderwärmung bei – etwa durch Methanemissionen aus der Verdauung von Wiederkäuern oder durch den Einsatz von Dünger. Andererseits ist sie stark von den Folgen des sich verändernden Klimas betroffen.
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Steigende Temperaturen, häufigere Hitzetage, längere Trockenperioden und extreme Wetterereignisse stellen Tierhaltungsbetriebe in Deutschland und Europa vor neue Herausforderungen – sowohl für das Wohl der Tiere als auch für die landwirtschaftliche Erzeugung.
Hitzestress bei Nutztieren: Folgen für Tiergesundheit und Leitung
Mit steigenden Temperaturen nimmt der Hitzestress für Nutztiere deutlich zu. Schon moderate Temperaturerhöhungen über dem artspezifischen Wohlfühlbereich können spürbare Belastungen verursachen – vor allem bei hoher Luftfeuchtigkeit.
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Die Fähigkeit, überschüssige Körperwärme abzugeben, ist bei vielen Tierarten begrenzt. Rinder besitzen nur wenige funktionale Schweißdrüsen, Schweine fast gar keine und Geflügel überhaupt keine. Das heißt, die Tiere kühlen sich vor allem über die Atemwege, was bei anhaltender Hitze schnell an Grenzen stößt.
- Milchkühe fühlen sich in einem Temperaturbereich zwischen 4 und 16 Grad Celsius wohl. Ab etwa 22 bis 24 Grad Celsius und 70 Prozent relativer Luftfeuchte – wie es hierzulande im Sommer nicht unüblich ist – beginnt für sie bereits Hitzestress. Mit jedem Grad und Prozent nimmt dieser weiter zu.
Typische Folgen für die Tiere sind Stoffwechselstörungen, verringerte Futteraufnahme, einhergehend mit sinkender Milchleistung und einer geringeren Fruchtbarkeit. - Auch Schweine reagieren empfindlich auf Hitze. Mastschweine fressen schon ab 22 Grad Celsius weniger und legen langsamer an Gewicht zu. Bei ferkelerzeugenden Sauen treten unter Hitzestress häufiger Fruchtbarkeitsprobleme und Ferkelverluste auf; außerdem sinkt die Milchleistung säugender Tiere deutlich. Bei anhaltend hohen Temperaturen über 28 Grad Celsius und hoher Luftfeuchte kommen bei allen Schweinen Kreislaufbelastungen und Atemprobleme hinzu.
- Geflügel zeigt bei Temperaturen oberhalb von 24 Grad Celsius erste Anzeichen von Hitzestress. Die Tiere fressen weniger und wachsen langsamer. Legehennen legen zudem kleinere Eier mit dünnerer Schale und einer geringeren Qualität.
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Insgesamt beeinträchtigt zunehmende Hitze also das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit von Nutztieren erheblich. Sie wird zu einem wachsenden Risiko für die Tiere selbst und für die Rentabilität der Betriebe.
Tiere in intensiven Haltungssystemen sind in besonderem Maß betroffen, Ihr Stoffwechsel ist auf maximale Leistung ausgerichtet und erzeugt bereits dadurch viel Wärme.
Klimawandel: Neue Krankheiten in der Tierhaltung
Mit steigenden Temperaturen verändert sich auch die Verbreitung von Krankheiten. Zahlreiche Studien zeigen, dass sich viele Erreger und ihre Überträger – etwa Stechmücken, Gnitzen oder Zecken – infolge des Klimawandels zunehmend nach Norden ausbreiten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt, dass Tierkrankheiten, die früher auf den Mittelmeerraum beschränkt waren, inzwischen regelmäßig auch in Mitteleuropa auftreten.
In Deutschland zählen vor allem die durch Gnitzen - das sind kleine eher unscheinbare Mücken - übertragenen Infektionen mit dem Blauzungenvirus (BTV-8) und dem Schmallenberg-Virus (SBV) zu den bedeutendsten neuen Tierseuchen. Beide Erkrankungen betreffen Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen.
Während die Blauzungenkrankheit meist mit Fieber, Entzündungen der Schleimhäute und teils schweren Krankheitsverläufen einhergeht, verursacht das Schmallenberg-Virus vor allem bei trächtigen Tieren Fehlbildungen und Totgeburten. Nach Einschätzung von Fachleuten des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) begünstigt der Klimawandel die weitere Ausbreitung dieser Infektionskrankheiten.
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Futter- und Wasserversorgung im Klimawandel unter Druck
Der Klimawandel wirkt sich nicht nur direkt auf die Tiere aus, sondern auch auf ihre Lebensgrundlagen. Häufigere Hitze- und Trockenperioden sowie mehr Starkregen, Hagel und Stürme setzen die landwirtschaftliche Futtererzeugung zunehmend unter Druck.
Beispielsweise litten in den Jahren 2018 und 2022 viele Grünlandflächen unter den besonders langanhaltenden Trockenphasen und Dürreperioden - die Folge waren deutlich niedrigere Erträge und Qualitätseinbußen.
Dasselbe ließ sich bei Ackerfutterpflanzen wie Mais, Gerste oder Weizen beobachten. Einige Betriebe mussten in dieser Zeit sogar Tiere vorzeitig schlachten, weil die Futterversorgung nicht mehr gesichert war.
Ferner müssen Landwirtinnen und Landwirte in Jahren mit reduziertem Futteraufkommen häufiger auf zugekauftes oder importiertes Futter zurückgreifen. Dadurch steigen die Kosten und die Abhängigkeit von Weltmarktpreisen, Energie- und Transportkosten oder den Ernteerträgen in anderen Ländern.
Die Qualität eingelagerter Futtermittel leidet ebenfalls, insbesondere bei Silagen. Mit steigenden Temperaturen und unbeständigem Wetter häufen sich Fehlgärungen, Schimmel und Nährstoffverluste. Das Futter verdirbt schneller und lässt sich schwieriger in gleichbleibend guter Qualität konservieren.
Auch die Verfügbarkeit von Wasser wird zunehmend wichtiger – nicht nur für die Bewässerung der Felder, sondern auch als Trinkwasser für die Tiere selbst. Bei extremer Hitze kann der Wasserbedarf einer Milchkuh laut Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen um etwa 40 Prozent steigen – auf bis zu 170 Liter pro Tag.
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Wie Betriebe die Tierhaltung an den Klimawandel anpassen können
Der Klimawandel zwingt Tierhalterinnen und Tierhalter, ihre Betriebe an wärmere, trockenere und unbeständigere Bedingungen anzupassen. In den kommenden Jahren wird es entscheidend sein, Haltungsformen, Fütterung und Wassermanagement so weiterzuentwickeln, dass Tiere auch unter schwierigeren Bedingungen gesund bleiben und ausreichend versorgt sind.
Stallklima und Haltungsbedingungen verbessern
Mit steigenden Außentemperaturen müssen Ställe künftig so gestaltet werden, dass sich Hitze weniger staut. Eine gute Belüftung, ausreichend Schatten und offene Bauweisen, die den Luftaustausch erleichtern, sind dafür zentral. Als besonders wirksam gilt ein gut gegen Wärmestrahlung gedämmtes Dach, das den Wärmeeintrag in den Stall verringert. Auch technische Hilfen wie Ventilatoren oder Sprühnebelanlagen können die Temperatur spürbar senken.
Neben der Temperatur spielt auch die Luftfeuchtigkeit eine wichtige Rolle. Wird es im Stall schwül und feucht, können die Tiere überschüssige Wärme kaum noch abgeben. Eine gezielte Lüftung ist daher unverzichtbar, um feuchte Luft abzuführen und für Frischluft zu sorgen. Moderne Außenklimaställe bieten hier Vorteile, weil sie den Luftstrom verbessern und das Stallklima insgesamt stabil halten.
Weidemanagement und Wasserversorgung anpassen
Auf der Weide muss die Hitzebelastung so gut es geht gemindert werden. Schattenbereiche sollten für Weidetiere wie Rinder und Schafe jederzeit zugänglich sein – entweder durch natürliche Beschattung mit Bäumen und Hecken oder durch gebaute Unterstände. Eine weitere Möglichkeit ist es, die Weidegänge in die kühleren Morgen- und Abendstunden oder in die Nacht zu verlegen.
Bei der Weidehaltung gewinnt zudem die Wasserversorgung an Bedeutung. Tränken sollten ausreichend und ohne Wartezeiten erreichbar sein – idealerweise mit kühlem Wasser. Viele Betriebe investieren inzwischen in Vorratstanks, Zisternen oder eigene Brunnen, um die Wasserversorgung auch in langen Trockenphasen sicherzustellen.
Futteranbau neu denken
Der Klimawandel beeinflusst zunehmend, welche Pflanzenarten und Sorten sich noch zuverlässig als Futter anbauen lassen. Züchterinnen und Züchter arbeiten daher seit Jahren an Pflanzen, die besser mit Trockenheit, Hitze und längeren Vegetationszeiten zurechtkommen. Sie entwickeln Sorten, die robuster sind und Krankheiten sowie Schädlingen besser standhalten – ein wichtiger Schritt, denn durch mildere Winter breiten sich viele Erreger und Insekten künftig stärker aus.
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Alternativ geraten auch Pflanzen in den Blick, die bisher in Deutschland kaum angebaut wurden. So gilt etwa die Sorghum-Hirse als vielversprechende Alternative zu Mais, da sie Hitze und Trockenheit besser verkraftet.
Ein weiterer Schlüssel, um den Futteranbau an den Klimawandel anzupassen, liegt im Boden selbst. Gesunde, humusreiche Böden speichern Wasser besser, schützen vor Erosion und halten Nährstoffe im Oberboden.
Zucht robuster und anpassungsfähiger Tiere
Auch die Tierzucht spielt eine zentrale Rolle bei der Anpassung der Tierhaltung an den Klimawandel. Nutztiere müssen züchterisch so weiterentwickelt werden, dass sie widerstandsfähiger gegenüber Hitze, Trockenheit und neuen Infektionskrankheiten sind.
In Deutschland laufen dazu bereits verschiedene Forschungsprojekte, etwa das Projekt KLIMAFIT in Baden-Württemberg.
Ziel ist es, Milchkühe zu züchten, die besser mit wechselnden Umweltbedingungen zurechtkommen und gleichzeitig ihre Leistung halten können. Langfristig sollen so Herden entstehen, die mit Hitzestress, Futterschwankungen und veränderten Krankheitsmustern besser umgehen.
Wo der Klimawandel auch Chancen für die Tierhaltung bietet
Der Klimawandel bringt aber in manchen Regionen neben Herausforderungen, auch einzelne Vorteile für die landwirtschaftliche Tierhaltung mit sich. Steigende Temperaturen können dazu führen, dass sich Vegetations- und Weidezeiten verlängern. Dadurch steht den Tieren länger frisches Grünfutter zur Verfügung – Landwirte und Landwirtinnen müssen weniger Futter einlagern und haltbar machen, was Kosten spart und Arbeitsaufwand reduziert.
In der Aufzucht – insbesondere bei Kälbern und Ferkeln – kann ein etwas milderes Klima die Belastung durch Kältestress mindern. Das wirkt sich positiv auf Gesundheit, Wachstum und Futteraufnahme der heranwachsenden Tiere aus.
Solche positiven Effekte dürfen die Risiken des Klimawandels zwar nicht überstrahlen, sie zeigen aber, dass sich veränderte klimatische Bedingungen nicht in jedem Fall ausschließlich negativ auswirken müssen. Entscheidend wird sein, dass es den Betrieben gelingt, diese Potenziale zu nutzen und gleichzeitig die Belastungen wirksam abzufedern.
Weitere Informationen
Nutztierhaltung.de: Hitzestress bei Milchkühen vorbeugen
Nutztierhaltung.de: Hitzestress im Schweinestall vermeiden
Infodienst Landwirtschaft, Ernährung, ländlicher Raum: Projekt KLIMAFIT
